Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt: Verwirkung des Anspruchs wegen Verschweigens eigener Einkünfte
Leitsatz (amtlich)
Verschweigt der unterhaltsberechtigte Ehegatte eigene Einkünfte, obwohl der Unterhaltsverpflichtete gezielt nach solchen Einkünften gefragt hat, und verhandelt er so zur Sache, so liegt ein Verwirkungstatbestand vor, auch wenn die verschwiegenen Einkünfte verhältnismäßig gering waren und nur über einen begrenzten Zeitraum erzielt wurden.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nrn. 3, 5
Verfahrensgang
AG Erkelenz (Urteil vom 17.12.2009) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Erkelenz vom 17.12.2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin in Abänderung des Zwischenvergleichs vor dem AG vom 3.11.2005 für die Zeit ab August 2008 monatlichen Trennungsunterhalt von 803 EUR abzgl. für die Zeit von August 2008 bis Mai 2010 monatlich geleisteter 550 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 1.827 EUR
Tatbestand
Der am 12.7.1949 geborene Beklagte und die am 5.11.1952 geborene Klägerin haben am 27.12.1973 geheiratet. Aus der Ehe ist ein mittlerweile über 30jähriges Kind hervorgegangen. Die Parteien haben sich im Februar 2005 getrennt; eine Scheidung ist noch nicht erfolgt.
Unter dem 3.11.2005 haben die Parteien einen Zwischenvergleich geschlossen, wonach der Beklagte der Klägerin monatlich 550 EUR Trennungsunterhalt zahlt; Grundlagen enthält der Vergleich nicht. Der Beklagte hat die Zahlungen durchgehend bis Mai 2010 geleistet. Im September 2007 hat die Klägerin mit einem Antrag auf Zahlung von über 550 EUR hinausgehenden Unterhaltsbeträgen das Verfahren fortgesetzt; der Beklagte hat sich nur gegen die Erhöhung mit einem Klageabweisungsantrag zur Wehr gesetzt.
Streitbefangen betreffend die von der Klägerin erstrebte Erhöhung ist der Zeitraum ab Februar 2007. Eine Mahnung zur Zahlung eines über 550 EUR monatlich hinausgehenden Unterhalts ist unter dem 22.5.2007 erfolgt. Im März 2006 hatte die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sich nach ihrer Berechnung an einem Unterhaltsanspruch i.H.v. 550 EUR nichts geändert habe.
Der Beklagte - im Februar 2007 bereits Bezieher von Altersrente - hat am 25.8.2004 von seinem früheren Arbeitgeber eine Nettoabfindung von 12.908,03 EUR erhalten; in erster Instanz haben die Parteien diese Abfindung auf einen Zeitraum von 10 Jahren - bis zum Eintritt des "normalen Ruhestands" - verteilt und unterhaltsrechtlich mit monatlich 107,56 EUR bewertet.
Die Klägerin leidet an einem Gehirntumor und entsprechenden Folgeerkrankungen. Seit dem 7.1.2007 ist sie arbeitsunfähig erkrankt. Nach der Lohnfortzahlung bis Mitte Februar 2007 hat sie bis Juli 2008 Krankengeld i.H.v. monatlich durchschnittlich 732 EUR bezogen, daneben jedoch auch bis Juli 2007 einen Krankengeldzuschuss i.H.v. monatlich rund 162 EUR von ihrem früheren Arbeitgeber erhalten, und zwar durch Überweisung auf ihr Girokonto. Seit August 2007 bezieht die Klägerin - zunächst befristet bis Mai 2009, nunmehr unbefristet - eine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die Klägerin ist in erster Instanz im Hinblick auf ihre Erwerbsfähigkeit und auf ihre Fähigkeit, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu überblicken und auf konkreten Hinweis entsprechende Angaben zu machen, ärztlich begutachtet worden. Das Gutachten hat der Klägerin eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bis Ende März 2008 bescheinigt, für die Folgezeit hat es lediglich noch stundenweise, in unregelmäßiger Reihenfolge stattfindende ehrenamtliche Betreuungsleistungen ohne Anforderungen an Hilfestellungen in der Pflege für möglich erachtet. Im Übrigen stellte der Sachverständige fest, dass die Klägerin jedenfalls in der Zeit von Juni 2007 bis Oktober 2008 nicht in der Lage war, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu überblicken, wobei "einfache nachvollziehbare Gedankengänge" durchaus möglich waren, komplizierte Zusammenhänge von Einkommens- und Vermögensverhältnissen jedoch nicht dargelegt werden konnten.
Die - durchgängig anwaltlich vertretene - Klägerin hat bei Fortsetzung des Verfahrens im September 2007 den Arbeitgeberzuschuss zum Krankengeld nicht angegeben. Nachdem der Beklagte im entsprechenden Klageabweisungsschriftsatz vom 16.10.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin einen Krankengeldzuschuss von ihrer Arbeitgeberin erhalten müsse, hat die Klägerin durch Schriftsatz vom 26.11.2007 vortragen lassen, dass sie keinerlei zusätzliche Zahlungen seitens ihres Arbeitgebers erhalte. Auch in einem weiteren Schriftsatz vom 30.7.2008 hat die Klägerin den vereinnahmten Krankengeldzuschuss nicht angegeben. Am 14.8.2008 fand die mündliche Verhandlung vor dem AG mit Antragstellung statt. Erst nachdem der Beklagte die Richtlinien für Arbeitsver...