Leitsatz (amtlich)

Wird über das Vermögen eines börsennotierten Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet, so können die Kosten einer Enforcement-Prüfung durch die BaFin nach § 17c FinDAG als Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt InsO nur dann durch Kostenfestsetzungsbescheid gegen den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, wenn sie sich auf eine Rechnungslegung beziehen, welche von dem Insolvenzverwalter für die Geschäftsjahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder für das vorausgegangene Rumpfgeschäftsjahr aufzustellen war. Beziehen sich die Kosten dagegen auf die Prüfung einer Rechnungslegung, welche bereits vor der Insolvenzeröffnung festgestellt und offengelegt war, so sind sie als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden.

 

Normenkette

FinDAG § 17c; WpHG §§ 11, 37o Abs. 1 S. 4, § 37p Abs. 1 S. 2 Nr. 1, §§ 1, 37u; WpÜG § 48 Abs. 4, §§ 51, 56 Abs. 1-2; HGB § 342b Abs. 4-5; InsO § 36 Abs. 2 Nr. 1, §§ 38, 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 80, 155, 174

 

Tenor

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid vom 4.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.3.2012 wird aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) unterzog den Jahresabschluss und den Konzernabschluss der c ... AG (im Folgenden: c AG), einer börsennotierten Gesellschaft, für das Geschäftsjahr 2007 einer Stichprobenprüfung im Enforcement-Verfahren nach § 342b Abs. 2 HGB, bei welcher mit Kammerentscheidung vom 10.5.2010 die Fehlerhaftigkeit der Rechnungslegung festgestellt wurde. Das Prüfungsergebnis wurde dem Vorstand der c AG mit Schreiben vom 11.5.2010 mit der gleichzeitigen Aufforderung zur Erklärung, ob mit dem Ergebnis der Prüfung Einverständnis bestehe, mitgeteilt.

Durch Beschluss des AG Frankfurt/M. vom 1.6.2010 wurde über das Vermögen der c AG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 9.7.2010 wurde durch das AG Frankfurt/M. öffentlich bekannt gemacht, dass der Beschwerdeführer die Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO angezeigt hatte.

Nachdem die DPR die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 30.7.2010 über das Prüfungsergebnis informiert und mitgeteilt hatte, dass das Unternehmen sich mit Schreiben vom 25.6.2010 mit dem Prüfergebnis nicht einverstanden erklärt hatte, ordnete die Beschwerdegegnerin mit an den Vorstand des Unternehmens gerichtetem Bescheid vom 12.8.2010 gem. § 37o Abs. 1 WpHG die Prüfung des Konzernabschlusses und des Lageberichtes des Unternehmens für das Geschäftsjahr 2007 an.

Nach Durchführung der Prüfung stellte die Beschwerdegegnerin mit Fehlerfeststellungsbescheid vom 11.2.2011 - gerichtet an den Vorstand c/o Insolvenzverwalter - fest, dass der Konzernabschluss und der Lagebericht für das Geschäftsjahr 2007 fehlerhaft waren, wobei der zuvor von der DPR festgestellte Fehler inhaltlich bestätigt wurde.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 4.4.2011 ordnete die Beschwerdegegnerin gegenüber dem Beschwerdeführer an, dass die c AG die in der Zeit vom 30, Juli 2010 bis zum 11.2.2011 entstandenen Kosten des Verfahrens zur Feststellung der Fehler der Rechnungslegung zu tragen habe und setzte deren Höhe auf 35.542,58 EUR fest.

Gegen den ihm am 6.4.2011 zugestellten Kostenfestsetzungsbescheid legte der Beschwerdeführer am 29.4.2011 Widerspruch ein, mit welchem er insbesondere geltend machte, da das Fehlerfeststellungsverfahren sich auf den Konzernabschluss und den Konzernlagebericht des Geschäftsjahres 2007 beziehe, beträfen die geltend gemachten Kosten einen Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung, so dass sie nur als Insolvenzforderung i.S.d. § 38 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet, nicht jedoch mit Bescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter als Masseschuld im Sinne des § 55 InsO geltend gemacht werden könnten,

Die Beschwerdegegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.3.2012, zugestellt am 12.3.2012, zurück, wobei zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, die hier geltend gemachten Kosten seien durch das mit Bescheid vom 12.8.2010 angeordnete Prüfungsverfahren und somit nach der Insolvenzeröffnung entstanden, die Rechnungslegungsunterlagen gehörten zu der der Verwaltung des Insolvenzverwalters unterstehenden Insolvenzmasse, so dass es sich hier um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO handele.

Der Beschwerdeführer hat mit am selben Tage per Fax übersandtem Schriftsatz vom 12.4.2012 Beschwerde eingelegt, mit welcher er sich zwar nicht gegen die Höhe der Kosten, jedoch gegen deren Festsetzung als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Insolvenzverwalter wendet. Er macht geltend, es handele sich nicht um eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO. Insbesondere fehle es an einer Begründung dieser Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil es hierzu nicht auf den Zeitpunkt der Kostenbescheidung und damit ...

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