Normenkette
InsO §§ 80, 50, 88, 133
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 15.01.2015; Aktenzeichen 5-24 KLs 7580 Js 230342/12 (13/14)) |
Tenor
Der Beschluss vom 15. Januar 2015 wird insoweit aufgehoben, als darin die Pfändungsanordnung der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 13. November 2012 betreffend die Forderung der A GmbH gegen die Y GmbH aufgehoben worden ist.
Der Antrag des Insolvenzverwalters vom 22. April 2013 auf Aufhebung dieser Pfändungsanordnung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der als Partei kraft Amtes beteiligte Insolvenzverwalter RA1 als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. A GmbH (vormals B GmbH), ... Straße ..., Stadt1.
Gründe
Die sich gegen die Aufhebung der Pfändung vom 13. November 2012 richtende einfache Beschwerde der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ist statthaft und zulässig (§ 304 StPO), und hat auch in der Sache Erfolg.
In Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. hierzu die Senatsentscheidung vom 3. Juni 2009 -3 Ws 214/09, ZIP 2009, 1582-1583) tritt der Senat - in Abweichung von der vertretbaren Entscheidung der Strafkammer - der Rechtsauffassung des Kammergerichts Berlin (Entscheidung vom 10. Juni 2013 - 2 Ws .../13, Wistra 2013, 445-447) bei.
Danach wird die Wirksamkeit des in Vollzug des dinglichen Arrestes vom 13. März 2012 im November 2012 erworbenen staatlichen Pfandrechts an der Forderung der Insolvenzschuldnerin, der Fa. A GmbH (vormals Fa. B GmbH) gegen die Drittschuldnerin (Fa. X GmbH) nicht durch die am 7. Juni 2013 beantragte und am 8. April 2014 erfolgte Insolvenzeröffnung berührt (AG Rosenheim AZ. 601 IN .../13)). Dieser Erwerb erfolgte weit außerhalb der Fristen der Rückschlagsperre (§ 88 InsO) und der insolvenzrechtlichen Anfechtung (§ 130 ff. InsO) und führte daher gerade zu einem insolvenzfesten Pfandrecht (§ 80 Abs.2 S.2 InsO, § 50 InsO).
Auch wenn Titulierung und Zwangsvollstreckung als Maßnahme der Rückgewinnungshilfe zur Sicherung der Ansprüche der 13.996 Verletzten erfolgten und diese -für Massenbetrugsfälle typisch - ihre Schadensersatzansprüche wegen der Geringfügigkeit der einzelnen Forderungen (9,90 bis 183,- €) nicht im Wege der Zwangsvollstreckung in die sichergestellte Forderung verfolgt (geschweige denn ein zur Absonderung berechtigendes Pfandrecht nach § 50 InsO erworben) haben und wegen § 89 Abs.1 InsO auch nicht mehr im Wege der Einzelvollstreckung verfolgen können, sieht der Senat keinen Anlass, das wirksam erworbene staatliche Pfändungspfandrecht (§ 1281 BGB) aufzuheben. Das Gesetz sieht dies explizit nicht vor. Bei rein dogmatischer Betrachtungsweise gibt es ebenfalls keine Gründe, die einer Inanspruchnahme des gepfändeten Vermögens durch Geltendmachung des Absonderungsrechts entgegenstünden (dies räumt auch das OLG Nürnberg in seiner Entscheidung vom 15. März 2013 - 3 Ws .../12, ZinsO 2013, 882 -892 (Rdnr. 87) zitiert über Juris ein; vgl. hierzu auch Markgraf NZG 2013, 1014 (1016)). Schlagwortartige Argumente, wie "Wegfall des Sicherungszwecks" oder "die Einrede fehlender Valutierung" oder "Stellung des Pfandrechts als reinen Platzhalter für die Verletzten" können nach Auffassung des Senats nicht herangezogen werden, um die Aufhebung zu begründen (so aber OLG Nürnberg a.a.O, MK-Bittmann StPO 1. Aufl. 2014 Vor §§ 111b - 111 p Rdnr. 10 f., KMR-Mayer StPO 2011 § 111 d Rdnr. 28 jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Auffassungen berücksichtigten nicht die Einführung des § 111 i Abs. 5 StPO durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten am 1. Januar 2007 (BGBl I 2350). Auch die Senatsentscheidung vom 3. Juni 2009 (a.a.O.) verhält sich zum darin statuierten Auffangrechtserwerb des Staates nicht. Neben der Rückgewinnungshilfe wird nach Auffassung des Senats auch der Auffangrechtserwerb des Staates durch das (insolvenzfeste) Pfandrecht gesichert.
§ 111 i Abs.5 StPO ordnet für Fälle, in denen die von Straftaten Geschädigten nicht innerhalb einer Frist von drei Jahren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in die zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe sichergestellten Vermögenswerte der Straftäter durchgeführt habe, den Eigentumserwerb des Staates daran an. Diese Vorschrift gehört zu den Regelungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung, die regeln, wie inkriminiertem Vermögen, also ein Vermögen, welches Straftäter aus begangenen Straftaten erworben haben, zunächst gesichert und dann abgeschöpft wird. § 111 i Abs.5 StPO fügt sich in dieses System ein und schließt bewusst eine zuvor vorhandene gesetzliche Lücke, um auszuschließen, dass durch eine Straftat erlangte Vermögensvorteile wieder an den oder die Täter zurückfallen. Grundsätzlich unterliegen solche Vermögenswerte dem Verfall (§ 73 Abs.1 S.1 StGB), was präventiven Zwecken dient (so Fischer StGB 62. Aufl. 2015 § 73 Rdnr. 4 m.w.Nachw.). Ausnahmsweise ist gemäß § 73 Abs.1 S.2 StGB der Verfall des aus der Tat Erlangten ausgeschlossen, wenn Ansprüche Verletzter existieren, deren Erfüllung de...