Entscheidungsstichwort (Thema)
Nacherbschaft
Leitsatz (redaktionell)
Eine wegen § 2065 II BGB unwirksame Nacherbenbestimmung darf nicht mit der fehlenden Nacherbenbestimmung gleichgesetzt und die Nacherben gem. § 2104 BGB bestimmt werden. § 2104 findet keine Anwendung, wenn der Erblasser den Nacherben zwar bestimmt hat, die Bestimmung aber hinfällig ist.
Normenkette
BGB § 2065 Abs. 2, § 2104
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 04.09.1996; Aktenzeichen 7 T 81/96) |
AG Dillenburg (Beschluss vom 04.12.1995; Aktenzeichen 7 VI V 2/91) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dillenburg vom 04.12.1995 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde sind nicht zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.
Wert: 600.000.– DM
Gründe
Die kinderlose Erblasserin hat am 26. Februar 1991 eine letztwillige Verfügung zur notariellen Niederschrift errichtet, die u. a. folgenden Wortlaut hat:
- „Ich setze hiermit meinen Lebensgefährten und Verlobten Herrn … wohnhaft … zu meinem alleinigen von den gesetzlichen Bestimmungen befreiten Vorerben ein.
- Meine Nacherbin soll sein meine Schwester Frau … … sein, und zwar als weitere Vorerbin.
- Endgültige Nacherben sollen sein, der oder die Personen, die Herr … selbst testamentarisch zu seinen Erben bestimmt.
Diese Personen sollen also auch meine Nacherben sein, wenn meine Schwester … die Erbschaft ausschlagen sollte.”
Am 27.02.1991 hat die Erblasserin ihren Lebensgefährten geheiratet, am 27.06.1991 ist sie und am 29.12.1992 ist ihr Ehemann ebenfalls kinderlos verstorben.
Die zur Nacherbin der Erblasserin bestimmte Schwester ist die Beteiligte zu 1). Die Beteiligte zu 2) ist die Schwester des nachverstorbenen Ehemannes. Zu deren Gunsten hat das Amtsgericht am 20.06.1994 aufgrund privatschriftlichen Testaments vom 30.03.1992 einen Alleinerbschein nach ihrem Bruder ausgestellt.
Die Beteiligte zu 1) hat am 24.11.1992 einen Erbschein beantragt, der folgende Miterbenanteile ausweist: der Ehemann der Erblasserin zu ¾, die Beteiligte zu 1) zu 1/8 und die fünf Abkömmlinge des vorverstorbenen Bruders der Erblasserin, die Beteiligten zu 3) – 7) zu je 1/40 – Anteil. In dem notariellen Erbscheinsantrag hat sie in Bezug auf das Testament ausgeführt, dass dieses im Hinblick auf § 2065 BGB unwirksam sei. Eine Anfechtung sei nicht erfolgt, da der testamentarische und die gesetzlichen Erben sich einig seien, dass die gesetzliche Erbfolge gelten solle. Am nämlichen Tag haben … als vollmachtloser Vertreter für den Ehemann der Erblasserin, die Beteiligte zu 1) sowie die Beteiligte zu 3), ebenfalls als vollmachtlose Vertreterin ihrer Geschwister einen notariellen Vertrag geschlossen, in dem es u. a. sinngemäß heißt, dass die Beteiligten zu 1), sowie 3) – 7) ihre vorbezeichneten Erbteile auf den Ehemann der Erblasserin übertragen. In dem Vertrag ist ausgeführt, dass das Testament der Erblasserin unwirksam sei und sich sämtliche Vertragsparteien darüber einig seien, dass daher die Erbeinsetzung gemäß Testament nicht in Betracht komme, sondern die gesetzliche Erbfolge. Alsdann folgt eine Aufführung der einzelnen Anteile wie in dem genannten Erbscheinsantrag unter Verweisung auf denselben.
Diesen Erbscheinsantrag hat die Beteiligte zu 1) indessen am 06.01.1993 zurückgenommen und statt dessen in ihrem notariell beurkundeten Erbscheinsantrag vom gleichen Tag gemeint, die Ziffern 1) und 2) des Testamentes der Erblasserin seien rechtswirksam. Die Erblasserin habe danach ihren Ehemann als Vorerben und sie als Nacherbin eingesetzt.
Diesen Erbscheinsantrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 02.04.1993 zurückgewiesen. Es hat in der Ziffer 3 des Testaments einen Verstoß gegen § 2065 II BGB gesehen, der die Unwirksamkeit der gesamten letztwilligen Verfügung nach sich ziehe. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung durch Beschluss vom 08.11.1993 aufgehoben. Es hat ausgeführt, dass die aus § 2065 II BGB folgende Unwirksamkeit auf die Ziffer 3 der letztwilligen Verfügung beschränkt sei. Diesen Beschluss wiederum hat der Senat auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) aufgehoben und die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen (Beschluss vom 04.01.1995, Az.: 20 W 52/94). Der Senat hat dabei darauf abgestellt, dass ein zugunsten des Ehemannes als Vorerbe ausgestellter Erbschein unrichtig sei, weil dieser nachverstorben sei. Unrichtige Erbscheine dürften jedoch nicht ausgestellt werden. Gleichzeitig hat der Senat für das eventuelle weitere Erbscheinserteilungsverfahren auf einige rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen, u. a. darauf, dass der für möglich gehaltenen Testamentsauslegung des Landgerichts der notarielle Vertrag vom 24.11.1992 entgegenstehen könnte, falls dieser wirksam sein sollte.
Am 08.02.1995 hat die Beteiligte zu 1) einen Erbschein beantragt, der sie als...