Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 20.07.1995; Aktenzeichen 9 O 256/95) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 20. Juli 1995 abgeändert.
Dem Antragsteller wird Prozeßkostenhilfe zur Durchführung eines Verfahrens auf Erlaß einer – auf Sicherung eines Herausgabeanspruches gerichteten – einstweiligen Verfügung gewährt, betreffend die Herausgabe der im Schriftsatz vom 17.7.1995 (Bl. 2–24) im einzelnen aufgelisteten Gegenstände an den Obergerichtsvollzieher …, dienstansässig …, als Sequester.
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes bleibt dem Landgericht vorbehalten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozeßkostenhilfe verweigernden Beschluß des Landgerichts vom … 20. Juli 1995 hat in der Sache Erfolg (§§ 127 II 2, 567 I ZPO).
Dem beabsichtigten einstweiligen Verfügungsverfahren kann weder die nach § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht abgesprochen werden, noch fehlt es an der Bedürftigkeit.
Daß der Antragsteller aus der von ihm verwalteten Konkursmasse die Prozeßkosten für das beabsichtigte Verfahren nicht aufbringen kann, steht aufgrund seiner glaubhaften Angaben über fehlende verfügbare Aktiva außer Zweifel. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, daß die Gemeinschuldnerin das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen der Firmen … und … an den/die Antragsgegner(in) veräußert hat.
Auch den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist es nicht zuzumuten, die Kosten des beabsichtigten Verfahrens aufzubringen. Wirtschaftlich Beteiligte i.S. von § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO sind diejenigen Gläubiger, deren Befriedigungsaussichten sich bei Erfolg der beabsichtigten Anfechtungsklage des Konkursverwalters konkret verbessern. Angesichts der Vielzahl der beteiligten Gläubiger – die vom Kläger erstellte Gläubigerliste umfaßt 37 Personen und Institutionen mit Forderungen von annähernd 1,5 Millionen DM – können ein oder mehrere Beteiligte, deren endgültigem Nutzen der Rechtsstreit zu dienen bestimmt ist, schwerlich festgestellt werden, ganz abgesehen davon, daß die Gläubiger, welche öffentliche Aufgaben wahrnehmen und öffentliche Mittel verwalten wie z.B. die Berufsgenossenschaft und das Finanzamt zur Vorschußleistung mangels dafür bereitstehender Mittel ohnehin nicht heranzuziehen sind (vgl. OLG Ffm 3 W 18/93; BGH NJW 1993, 135 ff). Zu berücksichtigen ist nach Sinn und Zweck des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO insbesondere auch das eigenständige schützenswerte öffentliche Interesse an der Rechtsverfolgung durch den Konkursverwalter: die mit dem Konkursverfahren beabsichtigte Verteilungsfunktion kann nämlich nur sachgerecht wahrgenommen werden, wenn eine uneingeschränkte Durchsetzung der Forderungen durch den Konkursverwalter sichergestellt ist, wozu auch eine in zumutbarer Form zu erlangende Ausstattung mit den für einen Rechtsstreit erforderlichen Mitteln gehört (vgl. auch BGH NJW 1991, 40 ff).
Dem beabsichtigten – auf Sicherung des Rückgewähranspruches nach § 37 KO gerichteten – einstweiligen … Verfügungsverfahren fehlt es auch nicht an der … Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruches bzw. eines Verfügungsgrundes.
Das Herausgabebegehren ist deswegen hinreichend erfolgversprechend, weil nach schlüssiger und glaubhaft gemachter Darlegung des Antragstellers die mit dessen Schreiben vom 19.6.1995 erklärte Anfechtung des – vom 15.12.1994 datierenden – Veräußerungsvertrages zwischen der Gemeinschuldnerin und einer in Gründung befindlichen GmbH ihres Sohnes ihre Stütze in §§ 30 Nr. 1, 31 Nrn. 1 und 2 KO findet. Die Gemeinschuldnerin hat eine Woche vor Stellung des Konkursantrages durch die … Volksbank AG ihr gesamtes Unternehmen zu einem Kaufpreis von 216.921,90 DM auf die in Gründung befindliche … übertragen. Daß die Benachteiligung als Erfolg der Rechtshandlung gewollt war, hat der Antragsteller anhand der gegebenen Verhältnisse schlüssig dargelegt.
Gegen eine Benachteiligungsabsicht spricht nicht der Umstand, daß der Erwerber des Unternehmens Schulden der klägerischen Unternehmen in Höhe von 297.493,02 DM übernommen hat, welche mit dem Kaufpreis verrechnet wurden. Denn da der/die Käufer(in) offenbar nur einen Teil der Verbindlichkeiten übernommen hat und damit eine möglicherweise einseitige Auswahl getroffen wurde (die … Volksbank wurde z.B. nicht berücksichtigt), liegt eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger auf der Hand.
Eine Benachteiligungsabsicht läßt sich auch nicht unter Hinweis auf unter Eigentumsvorbehalt stehende Waren und Einrichtungsgegenstände in Abrede stellen. Inwieweit Gläubiger bei Veräußerung fremden Eigentums benachteiligt werden, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; so sind bei Verfügungen über Vorbehaltseigentum die Gläubiger dann benachteiligt, wenn die Sache wertvoller war als der noch zu zahlende Kaufpreis (Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl. 1986, § 29 Rdnr. 27). Auch wenn der veräußerte Friseur- und Beauty-Salon auch Gegenstände umfaßte, die die Gemeinschuldnerin unter Eigentumsvorbehalt ...