Leitsatz (amtlich)
Die Begründung des Haftbefehls dient vor allem der Unterrichtung des Beschuldigten darüber, auf welcher rechtlichen und tatsächlichen Grundlage in sein Freiheitsrecht eingegriffen wird. Deshalb ist auf die Begründung des Haftbefehls besondere Sorgfalt zu verwenden.
Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 30.04.2002) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschuldigten verworfen.
Gründe
I.
Der Beschuldigte, der zur Zeit unbekannten Aufenthalts ist, wendet sich mit seiner weiteren Haftbeschwerde gegen den Bestand des Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom 20. August 2001 (64 Gs 3826/01). In diesem wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, am 17. August 2001 in Bochum in der von seinen Eltern betriebenen Gaststätte "L.", D.Str. in B., die 20 Jahre als litauische Staatsangehörige D.K. getötet zu haben. Der Beschuldigte soll der Getöteten mit einem Messer oder mit einem anderen scharfrandigen Gegenstand die Kehle unter Durchtrennung der linken Halsschlagader durchschnitten und ihr darüber hinaus eine 14 cm tiefe Stichverletzung im Bauchbereich mit Verletzung der Nierenblutader beigebracht haben. Der Beschuldigte soll dabei aus Wut und Verärgerung darüber gehandelt haben, dass die Geschädigte sein Werben um ihre Person mehrfach zurückgewiesen hatte.
Zum dringenden Tatverdacht hat das Amtsgericht lediglich ausgeführt:
"Er ist dieser Tat dringend verdächtig aufgrund der Feststellungen am Tatort sowie des weiteren polizeilichen Ermittlungsergebnisses."
Gegen diesen Haftbefehl hatte der Beschuldigte am 25. März 2002 Haftbeschwerde eingelegt, die das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat. Dabei hat das Landgericht (nur) "auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses" Bezug genommen und sich darüber hinaus nur mit den Einwendungen der Verteidiger des Beschuldigten gegen den dringenden Tatverdacht auseinandergesetzt. Der Beschuldigte hat nunmehr noch durch seine Verteidiger weitere Beschwerde eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, diese als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen durchgreifenden Erfolg.
1.
Vorab weist der Senat auf Folgendes hin: Mit dem Vollzug von Untersuchungshaft wird in das in Art. 2 GG geschützte Freiheitsrecht des Einzelnen eingegriffen. Dieser Eingriff ist von Verfassung wegen nur aufgrund einer richterlichen Entscheidung (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG) gestattet, die gemäss § 114 Abs. 2 StPO begründet sein muss. Diese Begründung dient nicht nur der Selbstkontrolle des Gerichts und der Ermöglichung der Prüfung der Voraussetzungen der Untersuchungshaft durch das Beschwerdegericht (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., 2001, § 114 Rn. 4 mit weiteren Nachweisen), sondern vor allem auch der Unterrichtung des Beschuldigten (zu den Anforderungen an die Begründung des Haftbefehls siehe auch schon Senat in StraFo 2000, 30 = StV 2000, 153) . Diesem soll und muss durch den Haftbefehl verdeutlicht werden, auf welcher rechtlichen und tatsächlichen Grundlage in sein Freiheitsrecht eingegriffen wird. Deshalb ist auf die Begründung des Haftbefehls - und weiterer diesen aufrechterhaltender Haftentscheidungen - besondere Sorgfalt zu verwenden. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Begründung des "dringenden Tatverdachts" im Sinn von § 112 Abs. 1 StPO. Dieser muss mit Tatsachen begründet werden, aus denen die Annahme der großen Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Beschuldigten folgt. Handelt es sich um Indizien, die die Täterschaft des (bestreitenden) Beschuldigten begründen sollen, sind diese anzugeben (Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O.), § 114 StPO Rn. 11). Anderenfalls kann gerade in diesen Fällen der Beschuldigte nicht erkennen, worauf er seine Verteidigung einrichten muss und wie die Strafverfolgungsbehörden die Beweismittel werten und gewichten.
Diesen Anforderungen werden die bisherigen Haftentscheidungen nicht bzw. nicht ausreichend gerecht. Dass das für die amtsgerichtliche Begründung des dringenden Tatverdachts im Haftbefehl vom 20. August 2001 gilt, bedarf keiner näheren Darlegung. Die Ausführungen des Amtsgerichts enthalten keinerlei fallbezogene konkrete Ausführungen, sondern sind lediglich floskelhafte Wendungen, die auf jede Fallgestaltung zutreffen können und den Beschuldigten in keiner Weise unterrichten und ihm keine Möglichkeit geben, sich "gegen den dringenden Tatverdacht" zu verteidigen. Aber auch die landgerichtliche Begründung ist nicht ausreichend. Sie nimmt hinsichtlich des dringenden Tatverdachts zunächst nur auf die "zutreffenden Gründe" des Haftbefehls Bezug. Dabei übersieht das Landgericht, dass diese nicht vorhanden sind, so dass sich die Strafkammer selbst mit den ermittelten Indizien hätte auseinandersetzen müssen. Erst dadurch wäre dann eine ausreichende Grundlage für die Annahme des dringenden Tatverdachts und die weiteren Ausführungen, mit denen zu den Einwendungen der Verteidigung Stellung genommen worden ist, geschaffen worden.
2.
Aufgrund des bisherige...