Leitsatz (amtlich)
Bei ausländischen Tatverdächtigen, die sich ohne Fluchtwillen in ihren Heimatstaat begeben haben und sich dort aufhalten, ist ein "Sich-Entziehen" i.S.v. § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO dann anzunehmen, wenn ein im Ausland wohnhafter ausländischer Beschuldigter erklärt, dass er sich einem in Deutschland gegen ihn laufenden Strafverfahren nicht stellen werde.
Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 01.03.2004) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe
I.
Am 12. Mai 1999 erließ das Amtsgericht Bochum gegen den Beschuldigten einen Haftbefehl - 64 Gs 2744/99 -, da er verdächtigt wurde, mit Mittätern falsche Wertpapiere als echt in den Verkehr gebracht zu haben. Diesen ersetzte das Amtsgericht Bochum auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum vom 13. Februar 2004 durch Haftbefehl vom 18. Februar 2004 - 64 Gs 1055/04 -. In diesem Haftbefehl wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, im Zeitraum zwischen Herbst 1998 und Frühjahr 1999 in Bochum und anderen Orten gefälschte Wertpapiere in Verkehr gebracht zu haben. Gegen Ende des Jahres 1998 soll der Beschuldigte in den Besitz von mindestens 167 Exemplaren gefälschter Schuldverschreibungen der Republik Italien über jeweils 100 Millionen italienische Lire gekommen sein. Die Schuldverschreibungen, deren Nennwert damals bei umgerechnet ca. 16,7 Millionen DM gelegen habe, seien in Italien hergestellt worden. Der Beschuldigte, dem die Fälschung der Schuldverschreibungen bekannt gewesen sei, habe diese Anfang des Jahres 1999 in Bochum dem gesondert Verfolgten M. übergeben. Dieser sei von dem Beschuldigten beauftragt worden, sämtliche gefälschten Schuldverschreibungen gegen Zahlung ihres damaligen Nennwertes von ca. 16,7 Millionen DM bei Banken einzureichen. Den hieraus erlangten Erlös habe er dem Beschuldigten zukommen lassen sollen. Das Vorhaben sei jedoch letztlich gescheitert, da die Banken die Fälschungen bemerkt hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftbefehl Bezug genommen.
Der Beschuldigte, der italienischer Staatsbürger ist, hat in Italien seinen Wohnsitz. Er hält sich dort auf. Er hat zunächst durch Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 9. Februar 2004 gegen den Haftbefehl vom 12. Mai 1999 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führte er aus, er werde sich dem Strafverfahren nur stellen, sofern er nicht in Untersuchungshaft komme. Er strebe die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe an, wolle aber zumindest eine eventuelle Strafhaft sofort im offenen Vollzug verbüßen können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerde vom 9. Februar 2004 Bezug genommen. Nachdem der Haftbefehl vom 12. Mai 1999 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum durch den Haftbefehl vom 18. Februar 2004 ersetzt worden war, erklärte die Verteidigerin des Beschuldigten, dass sich die Beschwerde auch gegen den neuen Haftbefehl richte. Das Amtsgericht Bochum hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 1. März 2004 hat die 13. Strafkammer des Landgerichts Bochum die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl vom 18. Februar 2004 verworfen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschuldigte unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens mit seiner weiteren Beschwerde vom 15. März 2004, der die Strafkammer nicht abgeholfen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die weitere Beschwerde des Beschuldigten ist nach §§ 304 Abs. 1, 310 Abs. 1 StPO statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Das Landgericht Bochum hat den Haftbefehl des Amtsgerichts Bochum vom 18. Februar 2004 zu Recht aufrechterhalten.
1.
Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vom 18. Februar 2004 zur Last gelegten Tat dringend verdächtig.
Auf Grund des bisherigen Ermittlungsergebnisses besteht eine sehr große Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Straftat begangen hat. Hierfür spricht insbesondere die geständige Einlassung seines Mittäters S., der ihn in eindeutiger Weise belastet hat. S. ist wegen Beihilfe zum Inverkehrbringen gefälschter Wertpapiere vom Landgericht Bochum bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 1. Juni 2001 - 7 KLs 46 Js 61/99 - zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Der dringende Tatverdacht ergibt sich ferner namentlich aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, hinsichtlich derer auf den Haftbefehl vom 18. Februar 2004 Bezug genommen wird.
2.
Es besteht auch ein Haftgrund i.S.d. § 112 Abs. 2 StPO.
Dabei geht der Senat davon aus, dass der Beschuldigte nicht flüchtig ist und sich auch nicht verborgen hält i.S.d. § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO. Denn ein Ausländer, der sich ohne Zusammenhang mit einem Strafverfahren an seinen bekannten Wohnsitz in seinem Heimatland begibt, ist nicht flüchtig und hält sich auch nicht verborgen (vgl. nur Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 112 Rn. 13 m.w.N.). Zu Gunsten des Beschuldigten ist nämlich anzunehmen, dass er sich ohne Bezug zu der ihm vorge...