Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 16.11.2004; Aktenzeichen 109 Qs 209/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft hat am 16.06.2004 bei dem Amtsgericht Köln den Erlass eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten beantragt, der Schweizer Staatsbürger ist und in V/Schweiz lebt. Ihm werden verschiedene Straftaten zur Last gelegt, die in Zusammenhang mit Verfahren gegen weitere - deutsche - Beschuldigte stehen. In dem Haftbefehlsantrag wirft die Staatsanwaltschaft ihm Beihilfe zu einer Vorteilsannahme und zur Vorteilsgewährung, Untreue und Beihilfe zu einer Untreue vor. Das Amtsgericht hat am 16.07.2004 den Erlass eines Haftbefehls abgelehnt, da es keinen Haftgrund - weder Flucht - noch Verdunkelungsgefahr - feststellen konnte. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht Köln mit Entscheidung vom 16.11.2004 verworfen, da auch die große Strafkammer die nötigen Voraussetzungen für einen Haftgrund verneint hat. Gegen diese Entscheidung wendet sich die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 23.11.2004, der die Generalstaatsanwaltschaft mit ihrer Stellungnahme vom 27.01.2005 beigetreten ist. Die Staatsanwaltschaft stützt ihr Rechtsmittel auf die Annahme von Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Sie geht davon aus, dass der Beschuldigte schon angesichts des in Deutschland drohenden Strafverfahrens seinen Schweizer Wohnsitz - zumindest vorübergehend - verlassen und im Ausland Aufenthalt nehmen werde. Fluchtanreiz bestehe wegen einer drohenden Freiheitsstrafe. Eine Flucht ins Ausland sei für den Beschuldigten, der über erhebliches Fluchtkapital verfüge, problemlos zu verwirklichen, da er Immobilienbesitz im Ausland und vielfältige wirtschaftliche Beziehungen in verschiedene Länder habe. Im Übrigen könne auch deshalb ein "Sich-Entziehen" angenommen werden, weil der Beschuldigte als Schweizer Staatsbürger dem Verfahren nur zur Verfügung steht, wenn er sich freiwillig zur Hauptverhandlung nach Deutschland begibt. Es käme andernfalls zu einer unterschiedlichen Behandlung von derselben Straftat Verdächtigen, je nachdem, wo diese ihren Wohnsitz und welche Staatsangehörigkeit sie haben. Die wegen der fehlenden Auslieferungsfähigkeit bestehende Verfolgungslücke müsse - so meint die Staatsanwaltschaft - deshalb geschlossen werden, indem § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO entsprechend weit ausgelegt werde. Die Verdunkelungsgefahr stützt die Staatsanwaltschaft auf eine auf Täuschung ausgerichtete Lebensführung des Beschuldigten sowie die Einbindung in ein Beziehungsgeflecht, das Strukturen der organisierten Kriminalität aufweise.
II.
Die gemäß § 304 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Vorinstanzen haben zu Recht den Erlaß eines Haftbefehls abgelehnt, da derzeit kein Haftgrund besteht.
Die Frage, ob hinsichtlich der zur Last gelegten Taten dringender Tatverdacht gegeben ist, kann deshalb offen bleiben.
Die Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO liegen nicht vor.
Fluchtgefahr im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, der Beschuldigte werde sich dem (weiteren) Strafverfahren entziehen, als für die Erwartung, er werde am Verfahren teilnehmen ( KK-Boujong, 5.Aufl., § 112 Rz. 15; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 112 Rdnr. 17 m.w.N. ).
Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt besteht bei Berücksichtung sämtlicher wesentlicher Umstände zum jetzigen Zeitpunkt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschuldigte sich dem Verfahren entziehen wird.
Der Senat sieht keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fluchtbereitschaft des Beschuldigten oder eine Fluchtvorbereitung seinerseits zum Verlassen seines Heimatlandes Schweiz. Der 67-jährige Schweizer hat sich - soweit ersichtlich - Zeit seines Lebens in der Schweiz aufgehalten und soll die ihm zur Last gelegten Taten überwiegend von der Schweiz aus begangen haben. Auch nachdem er Kenntnis von diesem Verfahren hatte, ist er in der Schweiz an seinem Wohnsitz geblieben. Sein derzeitiger Wohnsitz in V und seine Büroadresse in A sind den deutschen Strafverfolgungsbehörden seit etlichen Jahren bekannt. Der Beschuldigte war bisher immer - zuletzt mit Ladung in dem Verfahren des LG Köln - 107-3/04 - gegen F u.a. - unter diesen seit langem bekannten Anschriften erreichbar und hat sich den im Rechtshilfeverfahren durchgeführten Ermittlungsersuchen gestellt. Zwar hat er vielfältige Beziehungen ins Ausland, in das er auch wiederholt gereist ist, und ist Eigentümer eines Feriensitzes in Frankreich. Allein diese Umstände sind noch kein konkreter Hinweis darauf, dass er seinen Schweizer Lebensmittelpunkt aufgeben und sich vor den deutschen Behörden verbergen will. Auslandsreisen erfolgten jeweils - Gegenteiliges ist jedenfalls nicht erkennbar - im Rahmen geschäftlicher Tätigkeiten und üblicher Urlaubsaufenthalte und hielten...