Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der konkreten Bedarfsbemessung genügt es, dass der Bedürftige die in den einzelnen Lebensbereichen anfallenden Kosten überschlägig darstellt, so dass sie nach § 287 ZPO, der über § 113 Abs. 2 FamFG Anwendung findet, geschätzt werden können.
2. Mit Erreichen der Regelaltersgrenze kann grundsätzlich die Ausübung einer Berufstätigkeit nicht mehr verlangt werden kann. Dies gilt auch bei Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, bei der es üblich ist, über 65 Jahre hinaus tätig zu sein (im Anschluss an BGH FamRZ 2011, 454).
3. Im Falle überobligatorisch erzielter Einkünfte kommt eine Kürzung derselben zugunsten des Altersrente beziehenden Unterhaltsschuldners in Betracht. Die Höhe der Kürzung hängt im Wesentlichen davon ab, warum weiter gearbeitet wird bzw. warum Nebentätigkeiten verrichtet werden (im Anschluss an BGH FamRZ 2011, 454). Allerdings darf es durch die Verrentung/Pensionierung nicht zu einer Erhöhung des weiterhin berücksichtigten Einkommens kommen.
4. Zur Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages
Normenkette
BGB §§ 1571, 138 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Lüdenscheid (Beschluss vom 13.04.2011; Aktenzeichen 5 F 2/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 13.4.2011 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Lüdenscheid abgeändert.
Der Antragsteller wird verpflichtet, ab Rechtskraft der Scheidung, dem 21.7.2011, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 2.000 EUR, fällig jeweils im Voraus zu jedem 1. eines Monats zu zahlen.
Der weiter gehende Antrag bleibt zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben; die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 24.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die jetzt 66-jährige Antragsgegnerin begehrt vom zwei Jahre älteren Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Verbundverfahrens die Zahlung von nachehelichem Unterhalt.
Die beteiligten Eheleute haben am 4.10.1990 geheiratet. Für Beide war es jeweils die zweite Ehe. Aus der 1. Ehe des Antragstellers sind die am 14.2.1972 geborene Tochter S und der am 8.1.1975 geborene Sohn B hervorgegangen.
Unter dem 5.9.1990 schlossen die beteiligten Eheleute vor dem Notar C einen notariellen Ehevertrag (Urk. Nr. 287/1990) u.a. mit folgendem Inhalt:
1.)...
2.) Für unsere Ehe schließen wir den Versorgungsausgleich aus.
3.) Für den Fall der Scheidung unserer Ehe verzichten wir gegenseitig auf Unterhalt, einschließlich des Notunterhaltes. Jeder von uns nimmt das hierauf gerichtete Angebot des anderen an.
4.)...
5.) Ungeachtet dessen, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleiches im Falle der Stellung des Antrages auf Scheidung unwirksam ist, wollen wir ab der Eheschließung im Güterstand der Gütertrennung gem. § 1414 BGB leben und heben deshalb den gesetzlichen Güterstand auf.
6.)...
7.) Zwecks Vermeidung von Missverständnissen weisen wir darauf hin, dass wir unseren gemeinsamen Wohnsitz in M, T-Straße 12, haben werden. Der Grundbesitz ist Alleineigentum des Erschienenen zu 1.). Die Erschienene zu 2.) wird bis auf einen Betrag von 10.000 DM nichts in das Haus mitbringen.
Gegenstände aus zukünftigen Anschaffungen sollen Eigentum desjenigen werden, der in der Rechnung als Empfänger der Gegenstände ausgewiesen wird. Die hierfür erforderlichen juristischen Willenserklärungen geben wir bereits jetzt ab und gelten als im Zeitpunkt der Anschaffung der Gegenstände als angenommen.
Sollte sich eine Zuordnung des Eigentums durch Ausweis in einer Rechnung nicht führen lassen, wird bereits jetzt zum alleinigen Eigentümer der Erschienene zu 1.) bestimmt.
8.) Die Erschienenen sind sich darüber einig, dass die Erschienene zu 2.) mit der Eheschließung ihre volle Arbeitstätigkeit aufgeben und nur noch höchstens eine halbtägige Tätigkeit ausüben wird.
Aus diesem Grunde verpflichtet sich der Erschienene zu 1.) im Falle der Scheidung der Erschienenen zu 2.) die Nachteile auszugleichen, die sich daraus ergeben, dass die Erschienene zu 2.) mit der Eheschließung ihre volle Berufstätigkeit aufgegeben hat. Die Art und Weise, wie der Ausgleich herbeizuführen ist, steht im Belieben des Erschienenen zu 1.). Jedoch kann die Erschienene zu 2.) bis zum Eintritt der Leistung aus diesem Ausgleich die Stellung einer Sicherheit verlangen.
9.) Die Erschienene zu 2.) ist im Grundbuch als Alleineigentümerin des Hauses H-Straße 74 in M eingetragen. Die tatsächlichen Belastungen trägt der Erschienene zu 1.), namentlich Zinsen und Tilgung für die Darlehen. Die Erschienenen sind sich auch darüber einig, dass der Erschienene zu 1.) aus seinem Vermögen alle Belastungen abtragen wird und diese Belastungen den Wert des Hauses erreichen. Aus diesem Grunde gilt zwischen den Erschienenen vereinbart, dass im Falle der Veräußerung des Hauses der Veräußerungserlös bis i.H.v. 300.000 DM allein dem Erschienenen zu 1.) zusteht.
10.)...
Die Antragsgegnerin, die als Verwaltungsangestellte beim P in Vollzeit tätig war, übte, entsprechend der Vereinbarung im Ehevertrag, ab Oktober 19...