Entscheidungsstichwort (Thema)
Substantiierungspflicht bei konkreter Bedarfsbemessung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der Unterhaltsbedarf einer getrennt lebenden Ehefrau wegen überdurchschnittlich guter Einkommensverhältnisse des Ehemannes konkret zu ermitteln, reicht es für die Substantiierung von Kosten für Aufwendungen im Rahmen gesellschaftlicher Verpflichtungen nicht aus, wenn die Ehefrau auf regelmäßige, große Partys und Karnevalsfeiern hinweist sowie auf den 50. Geburtstag des Ehemannes während des ehelichen Zusammenlebens. Dies ersetzt keinen konkreten Vortrag zum Bedarf auf der Basis ihres jetzigen Lebenszuschnitts.
2. Der Ehemann kann bei durchgeführten Fern- und Städtereisen in der Vergangenheit die Ehefrau nicht auf einen Urlaub in Bayern verweisen. Jedoch reicht es vonseiten der Ehefrau nicht aus, Reisen aus früheren Jahren aufzuführen, wenn diese auch mit den Eltern unternommen und von diesen bezahlt worden sind.
3. Monatliche Kosten für Restaurantbesuche können mit 120,00 EUR geschätzt werden (drei Essen monatlich à 40,00 EUR).
4. Nach entfallener Mitgliedschaft im Golf- und Tennisclub kann die Ehefrau die Mitgliedsbeiträge nicht allein aufgrund ihrer Absicht verlangen, aus gesellschaftlichen Gründen wieder in die Vereine einzutreten, wenn sie die genannten Sportarten wegen bestehender Rückenbeschwerden tatsächlich nicht betreibt.
5. Zur Berechnung und Zusammensetzung eines konkreten Unterhaltsbedarfs in Höhe von 4.456,00 EUR monatlich.
Normenkette
BGB §§ 1361, 1578; ZPO § 278
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Urteil vom 20.05.2005; Aktenzeichen 13a F 158/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 20.5.2005 verkündete Urteil des AG - FamG - Iserlohn abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen:
einen Unterhaltsrückstand für die Zeit 1.12.2003 bis 31.1.2006 i.H.v. 17.412 EUR,
laufenden Unterhalt ab Februar 2006 i.H.v. monatlich 2.362 EUR.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 88 % und der Be-klagte zu 12 %. Die Kosten der Rechtsmittelinstanz werden der Klägerin zu 78 % und dem Beklagten zu 22 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(gem. § 540 ZPO)
I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige und wirtschaftlich selbständige Kinder hervorgegangen. Die Parteien haben während gemeinsamer Ehe in überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt.
Auf diesem Hintergrund hat die Klägerin klageweise einen konkret berechneten Trennungsunterhalt in monatlicher Höhe von 8.000 EUR ab Dezember 2003 geltend gemacht, wobei sie sich hierauf den freiwillig gezahlten Unterhalt i.H.v. monatlich 1.600 EUR und die vom Beklagten laufend getragenen Kosten für das von ihr bewohnte Reihenhaus mit monatlich 1.200 EUR anrechnen lässt.
Das FamG hat einen konkreten Bedarf i.H.v. 4.306 EUR ermittelt, von dem es die vom Beklagten getragenen Kosten für das Reihenhaus mit monatlich 1.200 EUR abgezogen hat. Wegen der Begründung im Einzelnen und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Verweisungen Bezug genommen.
Der Beklagte begehrt mit seiner Berufung abändernd die vollständige Abweisung der Klage und begründet dies unter näherer Darlegung damit, dass der Bedarf durch das FamG zu hoch angesetzt worden sei. Zudem seien etwaige Ansprüche verwirkt, da die Klägerin ihr Erbe (265.000 DM) im Jahre 1998 verschleudert habe.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und greift mit der Anschlussberufung einen Teil der vom FamG aberkannten Positionen wieder auf. Sie macht über die zuerkannten Beträge hinaus einen monatlichen Mehrbedarf i.H.v. mindestens 1.539 EUR geltend.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung des Beklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten ab Dezember 2003 einen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB wie folgt.
1. Der Bedarf der Klägerin ist wegen der überdurchschnittlich guten Einkommensverhältnisse konkret zu ermitteln.
- Der Beklagte gesteht der Klägerin ein allgemeines Haushaltsgeld i.H.v. 600 EUR monatlich zu (GA 267). Einen höheren Bedarf hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt.
- Für Kleidung schätzt der Senat einen monatlichen Bedarf i.H.v. 500 EUR. Dies entspricht dem vorprozessualen Begehren der Klägerin im Anwaltsschreiben vom 10.7.2002 (GA 16). Ein Bedarf i.H.v. zuletzt 900 EUR hat die Klägerin nicht dargelegt. Konkrete Angaben über Ausgaben für Kleidung aus den letzten Jahren des ehelichen Zusammenlebens fehlen. Die aus den Jahren 1987 bis 1990 dargelegten Ausgaben können nicht als eheprägend zugrunde gelegt werden, sind aber ein Beleg dafür, dass sich die Klägerin hoch...