Leitsatz (amtlich)
Richtet eine Bank an die anderen Gläubiger einer GmbH, die bei ihr Kunde ist, im Hinblick auf eine beabsichtigte Umschuldung die Anfrage, ob sie bereit seien, auf ihre Forderungen gegen die GmbH teilweise zu verzichten, so liegt darin nicht in jedem Fall eine unerlaubte Rechtsberatung nach Art. 1 § 1 RBerG bzw. eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG.
Normenkette
RBerG Art. 1 § 1; RDG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 04.04.2008; Aktenzeichen 13 O 28/08 KfH I) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 4.4.2008 - 13 O 28/08 KfH I - im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 4.3.2008 wird aufgehoben. Der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.
Tatbestand
Der klagende Anwaltsverein nimmt die beklagte Volksbank im Wege der einstweiligen Verfügung wegen unerlaubter Erbringung von Rechtsdienstleistungen auf Unterlassung in Anspruch, weil diese anderen Gläubigern eines Kunden vorgeschlagen hat, zur Ermöglichung einer Umschuldung auf einen erheblichen Teil ihrer Forderungen zu verzichten.
Die Verfügungsbeklagte stand mit einer ihrer Darlehensnehmerinnen, deren Konto in erheblichem Umfang überzogen war, in Verhandlungen wegen einer Umschuldung. Die Verfügungsbeklagte übersandte mit dem Einverständnis des Geschäftsführers ihrer Kundin an verschiedene Gläubiger derselben ein Schreiben mit folgendem Inhalt:
"Herr X. hat bei uns die Umschuldung der Verbindlichkeiten der X. GmbH beantragt.
Wir haben den Antrag geprüft und festgestellt, dass eine Finanzierung der gesamten Verbindlichkeiten (trotz Absicherung aus privaten Mitteln) nicht darstellbar ist.
Eine Finanzierung von 35 % der uns bisher bekannten Verbindlichkeiten der X. GmbH ist darstellbar.
Wir bitten Sie, uns bis zum 15.1.2008 mitzuteilen, ob Sie einem Vergleich in dieser Größenordnung zustimmen. Wir gehen davon aus, dass wir Ihnen dann bis 31.1.2008 mitteilen können, ob der Vergleich zustande kommen wird.
Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse muss Herr X. für die X. GmbH bei einem nicht Zustandekommen des Vergleichs einen Insolvenzantrag stellen. Entsprechend der Vermögensverhältnisse ist nur mit einer geringen Konkursquote zu rechnen ..."
Der Verfügungskläger hat geltend gemacht, das Schreiben der Verfügungsbeklagten sei darauf gerichtet, die Rechtsverhältnisse ihrer Kundin im Verhältnis zu deren Gläubiger umzugestalten. Die Gläubiger sollten im Vergleichswege zu einem teilweisen Verzicht auf ihre Forderungen bewogen werden. Diese Tätigkeit sei als erlaubnispflichtige Schuldenregulierung zu qualifizieren. Das Schreiben könne nur dahin verstanden werden, dass die Verfügungsbeklagte zumindest auch für die X. GmbH auftrete, da nur diese vom Vergleich betroffen sei. Das eigene wirtschaftliche Interesse der Verfügungsbeklagten am Erfolg der Vergleichsverhandlungen führe nicht zur Zulässigkeit ihres Vorgehens. Es zeige vielmehr gerade die Gefährlichkeit ihres Handelns, da ein evidenter Interessenkonflikt vorliege. Zwar sei es der Verfügungsbeklagten nicht verboten, Verhandlungen mit anderen Gläubigern zu führen. Verboten sei jedoch, dass sie zugleich für den Schuldner selbst auftrete. Es handle sich auch nicht um ein notwendiges Hilfsgeschäft i.S.v. Art. 1 § 5 RBerG.
Das LG hat der Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom 4.3.2008 im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel antragsgemäß verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Dritte geschäftsmäßig Schuldenregulierungs- und/oder Vergleichsverhandlungen zu führen und/oder anzubieten.
Die Verfügungsbeklagte hat Widerspruch eingelegt und geltend gemacht, es fehle bereits an einer Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Die Verfügungsbeklagte habe das gleiche Interesse an einem Zustandekommen des Vergleichs gehabt wie die Darlehensnehmerin. Das Interesse der Darlehensnehmerin schließe nicht aus, dass die Verfügungsbeklagte ein eigenes Geschäft in Vollzug eigener Interessen tätige. Ansonsten wäre kein Gläubiger mehr in der Lage, ohne Beiziehung eines Anwalts zur möglichst umfassenden Rettung eigener Ansprüche mit anderen Gläubigern in Verhandlungen über einen teilweisen Forderungsverzicht einzutreten. Dass die beanstandete Tätigkeit keiner Erlaubnis bedürfe, ergebe sich auch aus der Testamentsvollstreckerentscheidung des BGH. Die Verfügungsbeklagte habe ferner nicht geschäftsmäßig gehandelt, weil sie keine Werbung für einen "Umschuldungsservice" mache. Jedenfalls komme ihr das Privileg des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG zugute.
Mit dem angefochtenen, am 4.4.2008 verkündeten Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das LG die einstweilige Verfügung bestätigt. Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte, die mit der Berufung ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt.
Die Verfügungsbeklagte macht unter Wiederholu...