Leitsatz (amtlich)

1. Erteilt ein mit der Ausführungsplanung und Mitwirkung bei der Vergabe beauftragter Architekt (Leistungsphasen 5-7) dem Bauherrn in einer unklaren Vertragssituation den Rat, ein konkretes Gestaltungsrecht (hier: Kündigung) auszuüben, handelt es sich dabei um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG, die nur in dem gesetzlich zugelassenen Umfang zulässig ist (§ 3 RDG).

2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Rechtsdienstleistung eines Architekten nach § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zulässig ist, ist zugunsten des Architekten ein großzügiger Maßstab anzulegen, weil Architektenleistungen in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen haben. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass - jedenfalls in einigen Leistungsphasen nach HOAI-Rechtsdienstleistungskompetenzen des Architekten als Teil ihres vertraglichen Pflichtenprogramms angesehen werden.

3. Auch unter Zugrundelegung dieses großzügigen Maßstabs werden die Grenzen der erlaubten Nebenleistung spätestens dann verlassen, wenn der Architekt in Bezug auf die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte im Außenverhältnis tätig wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um komplexe Rechtsdienstleistungen, die häufig ein erhebliches Risikopotential für den Auftraggeber haben und damit den Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vorzubehalten sind.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2; HOAI; RDG §§ 2-3, 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 04.12.2019; Aktenzeichen 11 O 198/19)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Trier vom 04.12.2019 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Dem Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 29.05.2020. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. In diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:

I. Einer Darstellung tatsächlicher Feststellungen i. S. d. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen einen Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 522 Abs. 2 S. 4, 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. §§ 543, 544 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, das heißt einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 5.200,00 EUR nebst Zinsen zu leisten und ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.036,33 EUR nebst Zinsen zu erstatten.

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 2 Abs. 1, § 3 RDG. Der Beklagte hat durch den Rat, den der F-GmbH im März 2018 erteilten Auftrag zu kündigen, und die Erstellung des Entwurfs des entsprechenden Kündigungsschreibens eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG erbracht, die nach § 3 RDG unzulässig, insbesondere nicht gemäß § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zur Architektentätigkeit erlaubt, war (siehe unter 1.). Infolge des Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz scheiden vertragliche Ansprüche aus, bei den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 und § 3 RDG handelt es sich aber um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (2.). Der Beklagte handelte auch schuldhaft (3.). Infolge der unzulässigen Rechtsberatung kann die Klägerin Ersatz des an die F-GmbH gezahlten Betrags in Höhe von 5.200,00 EUR verlangen. Der Abschluss des außergerichtlichen Vergleichs durchbricht nämlich weder den Zurechnungszusammenhang (4.) noch hat die Klägerin durch diesen gegen ihre Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB verstoßen (5.). Etwaige durch Neuvergabe der ursprünglich an die F-GmbH vergebenen Aufträge ersparte Aufwendungen muss sich die Klägerin nicht auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen (6.). Schließlich kann die Klägerin auch Prozesszinsen sowie die Erstattung ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen (7.). Im Einzelnen:

1. Dadurch, dass der Beklagte der Klägerin zur Kündigung des Vertrags mit der F-GmbH geraten und das Kündigungsschreiben vorbereitet hat, hat er eine gemäß § 3 RDG unzulässige Rechtsdienstleistung erbracht.

a) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG). Die Tätigkei...

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