Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis
Normenkette
BeurkG § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB § 2314 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 08.10.2012; Aktenzeichen 15 O 363/12) |
Tenor
1. Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung der Vornahme der ihr aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils des LG Koblenz vom 8.10.2012 - 15 O 363/12 obliegenden unvertretbaren Handlung, nämlich über den Bestand des Nachlasses des am 20.1.2012 verstorbenen ... [A] keinen zum Stichtag des Erbfalls Auskunft zu erteilen und zwar durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses, welches insbesondere folgende Punkte umfasst:
Nachlassbestand zum Todestag, detailliert dokumentiert. Die einzelnen Nachlassgegenstände sind so genau zu beschreiben, dass eine Bewertung möglich ist.
Aufzuführen sind sämtliche Aktiva des realen Nachlassbestandes.
Soweit Immobilien sich im Nachlass befinden, sind diese im Einzelnen anzugeben, und es ist durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Wert zu ermitteln.
Sämtliche Nachlassverbindlichkeiten.
Sämtliche Nachlassfiktiva, so insbesondere Schenkungen des Erblassers während der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall an Dritte sowie während der Ehe an die Beklagte, auch außerhalb von 10 Jahren vor dem Tod.
Sämtliche lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers, die zwischen seinen Abkömmlingen entsprechend den §§ 250 ff., 2057 und 2316 BGB grundsätzlich ausgleichungspflichtig sind.
Sämtliche Lebensversicherungsverträge und Verträge zugunsten Dritter, wobei die Namen der Begünstigten und die vertraglichen Regelungen zu offenbaren sind; ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Zwangshaft von bis zu 5 Tagen (ein Tag Zwangshaft je 200 EUR nicht beitreibbaren Zwangsgeldes) festgesetzt.
2. Einen Antrag auf Beitreibung des festgesetzten Zwangsmittels darf der Gläubiger nicht vor dem 19.5.2014 stellen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.
Gründe
Am 20.1.2012 verstarb Herr ... [A]. Dieser war mit der Schuldnerin verheiratet. Der Gläubiger ist eines von vier Kindern der Eheleute.
Durch notariellen Erbvertrag vom 11.10.2010 setzten sich der Erblasser und die Schuldnerin wechselseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben ein. Der Gläubiger hat im Wege einer Stufenklage seine - sowie ihm von zwei weiteren Geschwistern abgetretene - Pflichtteilsansprüche gelten gemacht. Durch Teil-Anerkenntnisurteil vom 8.10.2012 hat das LG die Schuldnerin zur Auskunftserteilung, und zwar durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt. Zu den Einzelheiten, die das notarielle Nachlassverzeichnis zu umfassen hatte, wird auf das Teil-Anerkenntnisurteil Bezug genommen.
Am 8.11.2012 hat die Schuldnerin vor dem Notar Dr ... [B] in ... [X] - unter ausdrücklicher Verneinung weiterer Nachlasspositionen bei gleichzeitiger Versicherung an Eides Statt - folgende Erklärung abgegeben:
"Mein Ehemann ... [A] ist verstorben und hat mich als Alleinerbin eingesetzt.
Von einem unserer Kinder wurde ich aufgefordert, ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen.
Ich erkläre hiermit, dass die Aktiva und Passiva des Nachlasses meines vorgenannten Ehemannes sich aus der beigefügten Anlage 1 ergeben. Bezüglich Ziff. 9 der Anlage verweise ich auf die dem Notar in Kopie vorgelegte Urkunde Nr. 436/1976 des Notars ... [C] in ... [Y].
An den Sohn ... [D] sind folgende Schenkungen erfolgt:
- im Jahre 2009 das Anwesen ... [Z] Straße 33 in ... [W] unter Nießbrauchsvorbehalt für meinen Ehemann und mich.
Die entsprechende Urkunde lag dem Notar nicht vor, befindet sich jedoch im Besitz von Herrn Rechtsanwalt ... [E] in ... [V].- im Jahre 2011 ein Porsche 911 Baujahr 2000 mit einer Laufleistung von circa 103.000 Kilometern."
Der notariellen Urkunde beigefügt ist eine - ursprünglich am 2.4.2012 für das Nachlassgericht gefertigte und von einem Bevollmächtigten unterzeichnete - Nachlassaufstellung, die handschriftlich ausgefüllt ist, diverse nicht beigefügte Anlagen in Bezug nimmt und mehrfach den Hinweis "bei RA ... [E]" enthält.
Der Gläubiger stuft dieses Nachlassverzeichnis als unzureichend ein und hat unter dem 20.6.2013 Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln gem. § 888 ZPO gestellt. Die Schuldnerin hat die Angaben in der Urkunde als vollständig verteidigt und ihre Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses als erfüllt angesehen.
Durch seinen angegriffenen Beschluss hat das LG den Antrag des Gläubigers als unbegründet zurückgewiesen. Die Schuldnerin habe ihre Ausgeurteilteverpflichtung erfüllt. Das vorgelegte notarielle Verzeichnis genüge den an ein solches gem. § 2314 Abs. 1 BGB zu stellenden Anforderungen. Durch seine eigene Unterschrift habe der Notar sich die ihm vorgelegte Nachlassaufstellung zu Eigen gemacht. Ob der Notar zuvor seiner Ermittlungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, erweise sich als unerheblich, da er durch die eigenhändige Unterzeichnung für den ausgewiesenen Nachlassbestand...