Entscheidungsstichwort (Thema)
Führung eines unüberwachten Ferngesprächs mit einem ausländischen Verteidiger in einem anderen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Untersuchungsgefangenen die richterliche Erlaubnis für ein unüberwachtes Ferngespräch mit dem ausländischen Verteidiger in einem anderen Verfahren (hier: in Rumänien) zu versagen ist.
Tenor
Die Beschwerde wird verworfen.
Gründe
Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:
"Ein Verstoß gegen § 148 StPO liegt nicht vor, da nicht ersichtlich ist, dass der rumänische Rechtsanwalt P. als Verteidiger im vorliegenden Strafverfahren bestellt worden ist. Nur der Verteidiger im vorliegenden Strafverfahren, Rechtsanwalt B., hat die Rechte aus § 148 Abs. 1 StPO.
Unabhängig davon hat das Landgericht in seinem Beschluss zu Recht dargelegt, warum es nicht mit der Anstaltsordnung in Einklang zu bringen ist, dem Angeklagten die Genehmigung eines unüberwachten Telefonats mit dem rumänischen Anwalt zu gewähren. Hinzukommt, dass der Gefangene und der Verteidiger keinen Anspruch auf die Benutzung anstaltseigener Fernsprechanlagen haben (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Auflage, § 148 Rdnr. 16). Des Weiteren wird durch den angefochtenen Beschluss auch das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 Abs. 3 c MRK nicht tangiert, da der Angeklagte andere Möglichkeiten hat, persönlich mit Rechtsanwalt P. Kontakt aufzunehmen."
Dem stimmt der Senat mit folgender Maßgabe zu:
Nach der Neufassung des § 112 StPO können dem Beschuldigten durch den Haftrichter nur Beschränkungen auferlegt werden, soweit dies zur Abwehr einer Flucht,- Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich ist. Ob die Erlaubnis, Telefonate mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt zu führen, der Anstaltsordnung widerspricht, darf der Haftrichter - anders als nach § 119 Abs. 3 St PO a.F. - bei seiner Entscheidung nicht mehr berücksichtigen. Insoweit obliegt die Entscheidung, Telefonate durch Gefangene zuzulassen, der Anstaltsleitung.
Das Begehren des Untersuchungsgefangenen, Telefonate mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt zu führen oder von solchen zu empfangen, widerstreitet jedoch in der Regel dem Zweck der Untersuchungshaft (vgl. Meyer-Goßner, StPO 53. Aufl., § 119 Rdn 13 m.w.N.) . Dies gilt aus den in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründen auch im vorliegenden Fall. Dabei ist unerheblich, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 12.11.2010 auf den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht gestützt ist. Beschränkungen gemäß § 119 Abs. 1 können nicht nur zur Sicherung des im Haftbefehl genannten Haftgrundes geboten sein (OLG Karlsruhe StV 2010, 198; OLG Celle NStZ-RR 2010, 159; BTDrucks 16/11644 S.24) Die vom Landgericht genannten Gefahren betreffen zudem bereits den Haftgrund der Fluchtgefahr, welche angesichts der vorgeworfenen bandenmäßig verübten Taten des Skimmings, zu deren Begehung der in Deutschland wohnsitzlose Angeklagte erst in das Bundesgebiet eingereist sein dürfte, und angesichts der Benutzung von Aliasnamen hier in besonders hohem Maße gegeben ist. Um so wichtiger ist die Kontrolle von Außenkontakten, um Absprachen mit anderen Bandenmitgliedern zu verhindern. Die Gefahr solcher das Verfahren gefährdender Kontakte wird nicht dadurch ausgeräumt, dass es sich bei dem angegebenen Gesprächspartner des gewünschten Telefonats um einen in Rumänien tätigen Rechtsanwalt handeln soll, der den Angeklagten in dessen Strafverfahren - über das sich ein dem Senat nicht vorliegendes, bei den Hauptakten befindliches Urteil des Gerichts in B./Rumänien verhält - vertreten hat. Nach Aktenlage erscheint nicht gewährleistet, dass das beantragte Telefonat auch mit dem von dem Angeklagten benannten rumänischen Rechtsanwalt geführt würde. Denn dazu sind lediglich Namen und Anschrift des Rechtsanwalts sowie zwei Telefonnummern in Rumänien mitgeteilt und der Zweck des Telefonats dahin beschrieben worden, dass der derzeitige Stand des Revisionsverfahrens das Urteil des Gerichts in B. betreffend in Erfahrung gebracht werden soll. Bei dieser Sachlage besteht keine Nachforschungspflicht des Gerichts hinsichtlich einer bestehenden Mandatierung und Bereitschaft des angegebenen Gesprächspartners, das erwünschte Telefonat entgegenzunehmen und persönlich zu führen.
Im übrigen lässt das mitgeteilte Anliegen, über den Sachstand des in Rumänien geführten Revisionsverfahrens informiert zu werden, nicht erkennen, inwiefern es dafür eines unüberwachten Telefonats bedarf und die Einholung der Information auf postalischem Weg nicht ausreichen soll. Damit fehlt bereits ein berechtigtes Interesse für die beantragte Telefonerlaubnis.
Fundstellen
Haufe-Index 2580616 |
NStZ 2011, 55 |
StRR 2010, 402 |
StV 2011, 35 |