Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 16.01.1987; Aktenzeichen 3 T 424/86) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 11. März 1987 wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 16. Januar 1987 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 141.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 1. ist alleiniger befreiter Vorerbe der Erblasserin Frau R., für den der Beteiligte zu 2. als Testamentsvollstrecker eingesetzt worden ist.
Wegen einer Reihe behaupteter Pflichtwidrigkeiten des Testamentsvollstreckers hat der Beteiligte zu 1. beantragt, diesen zu entlassen. Der Antrag ist vom Nachlaßgericht und nach Einlegung einer Beschwerde auch vom Beschwerdegericht zurückgewiesen worden.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der gerügt wird:
Der Testamentsvollstrecker verhandele mit der Nachbarfamilie K. wegen der Regulierung von Wertersatzansprüchen, obwohl ihn sein Amt dazu nicht ermächtige und die Erblasserin solche Ansprüche immer abgelehnt habe.
Außerdem habe der Testamentsvollstrecker dem Nachlaß verfrüht überhöhte Honorare entnommen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung und die schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Gesetzesverletzung (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Zutreffend hat das Landgericht zwar entschieden, daß die Verhandlungen des Beteiligten zu 2. über Wertersatzansprüche der Nachbarfamilie K. nicht pflichtwidrig sind. Denn zur Ausführung der letztwilligen Verfügungen des Erblassers (§ 2203 BGB) ist auch erforderlich, die Erfüllung von den Nachlaß schmälernden Verbindlichkeiten zu regeln. Hingegen halten die Ausführungen des Landgerichts zu dem Vorwurf der verfrühten Entnahme überhöhter Honorare aus dem Nachlaß einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Es handelt sich dabei um Entnahmen aus den Monaten Dezember 1985, Januar, Februar und April 1986 von jeweils 10.000,– DM plus 14 % Mehrwertsteuer, insgesamt 45.600,– DM. Das Landgericht hat zwar mit Recht Bedenken gegen dieses Vorgehen des Testamentsvollstreckers zum Ausdruck gebracht, diese aber letztlich nicht als erheblich angesehen, weil die Entnahmen nicht außer Verhältnis zu der Gesamtvergütung stünden, die der Beteiligte zu 2. bei einem Bruttonachlaßwert von rund 2,3 Millionen DM zu erwarten habe. Insoweit ist nicht auszuschließen, daß die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung der ihm nach § 12 FGG obliegenden Aufklärungspflicht beruht.
Rechtlich liegt es wie folgt:
Die Vergütung des Testamentsvollstreckers ist der Rechnungslegung anzupassen, also nach Beendigung des Amtes und bei längerer Verwaltung in jährlichen Abschnitten nachträglich zu zahlen (BGH WPM 1964, 950, 952; BayObLG, Rpfl. 1973, 94). Er hat keinen Anspruch auf Vergütungsvorschüsse. Allerdings ist er berechtigt, die angemessene Vergütung dem Nachlaß selbst zu entnehmen. Die Inanspruchnahme einer überhöhten Vergütung kann zur Entlassung führen, wenn sie sich nicht mehr in möglichen Grenzen der Angemessenheit hält (BayObLG a.a.O., m.w.N.). Maßgebend für die Vergütungsberechnung des Testamentsvollstreckers sind auch heute noch die Richtlinien des Rheinpreussischen Notarvereins (s. JW 1935, 1831). Danach sind angemessen bis zu 20.000,– DM Bruttonachlaßwert 4 %, für den höheren Nachlaßwert bis 100.000,– DM 3 %, bis zu 1 Million DM 2 % und darüber hinaus 1 %.
Im Ausgangsfall beträgt der Nachlaßwert 2,3 Millionen DM. Das ergibt folgende Berechnung:
bis 20.000,– DM 4 % |
= |
800,– |
DM |
von weiteren 80.000,– DM 3 % |
= |
2.400,– |
DM |
von weiteren 900.000,– DM 2 % |
= |
18.000,– |
DM |
für den Rest von 1.300.000,– DM 1 % |
= |
13.000,– |
DM |
|
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34.200,– |
DM |
+ 14 % Mehrwertsteuer |
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4.788,– |
DM |
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|
38.988,– |
DM. |
Die Entnahme des Beteiligten zu 2. übersteigt diesen Betrag um 6.500,– DM. Hinzu kommt, daß diese Vergütung nicht nach Abschluß der Verwaltung entnommen worden ist. Vielmehr hat der Beteiligte zu 2. bereits wenige Tage nach Ernennung zum Testamentsvollstrecker begonnen, sich erhebliche Beträge zuzuwenden.
Auf all diese rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte ist das Landgericht nicht eingegangen. Der Senat ist als Rechtsbeschwerdegericht nicht befugt, diese Überprüfung anstelle des Landgerichts vorzunehmen. Deshalb ist der Kammer durch Aufhebung und Zurückverweisung Gelegenheit zur erneuten Entscheidung zu geben.
Unterschriften
Dr. Schmitz, Kempermann, Dr. Schneider
Fundstellen