Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlassverfahren
Leitsatz (amtlich)
Ein Beschluss des Nachlassgerichtes, mit welchem ein Testamentsvollstrecker aus dem Amt entlassen wird, entfaltet materielle Rechtskraft.
Ist gegen die Wirksamkeit des Entlassungsbeschlusses ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig, liegt hierin kein hinreichender Anlass zur Aussetzung des Verfahrens gegen den entlassenen Testamentsvollstreckers auf Rechnungslegung bis zur Entscheidung des EuGHMR.
Nach der Entlassung eines Testamentsvollstreckers aus dem Amt ist dieser nicht mehr zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nach § 2215 BGB verpflichtet, wohl aber besteht eine Verpflichtung zur Erstellung eines Bestandsverzeichnisses auf den Tag der Amtsübernahme.
Ein Titel auf Rechnungslegung muss den Gegenstand der Rechenschaft und den Zeitraum, über den Rechnung gelegt werden soll, genau bezeichnen. Die Konkretisierung kann nicht dem Vollstreckungsverfahren überlassen werden.
Normenkette
BGB § 259 Abs. 1, §§ 2215, 2218, 2227
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 03.12.2008; Aktenzeichen 11 O 56/07) |
Tenor
I. Das Urteil des LG Aachen vom 3.12.2008 - 11 O 56/07 - wird von Amts wegen gem. § 319 ZPO wie folgt berichtigt:
Statt der Bezeichnung "Urteil" trägt die Entscheidung die Bezeichnung "Teilurteil".
Ziff. 8 des Tenors (Kostenentscheidung) lautet: "Die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte."
II. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das entsprechend Ziff. I berichtigte Teilurteil des LG Aachen vom 3.12.2008 - 11 O 56/07 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
"1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses der am 15.9.1930 in K. geborenen und am 18.2.1993 dort verstorbenen Frau N. H. B. T., bezogen auf den 21.5.1993 und auf den 10.10.2005, jeweils durch Vorlage eines Verzeichnisses.
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über sämtliche Geschäfte und deren Stand, die er vom 21.5.1993 bis einschließlich 10.10.2005 in Ausübung seines Amtes als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 15.9.1930 in K. geborenen und am 18.2.1993 dort verstorbenen Frau N. H. B. T. getätigt hat, durch Vorlage eines systematischen, historisch geordneten Verzeichnisses.
3. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, was er vom 21.5.1993 bis einschließlich 10.10.2005 in Ausübung seines unter 1. näher bezeichneten Testamentsvollstreckeramtes erhalten hat, durch Vorlage eines systematisch geordneten Verzeichnisses.
4. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen zu allem, was er vom 21.5.1993 bis einschließlich 10.10.2005 aus der Besorgung des unter 1. näher bezeichneten Testamentsvollstrecker-amtes erlangt hat, durch Vorlage eines systematischen Verzeichnisses.
5. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rechnung zu legen über seine Einnahmen und Ausgaben bei der Ausübung des unter 1. näher bezeichneten Testamentsvollstreckeramtes vom 21.5.1993 bis einschließlich 10.10.2005 durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses, das nach den einzelnen Kalenderjahren unterteilt ist.
6. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich der 1. Stufe abgewiesen.
7. Die Widerklage und die Drittwiderklage werden abgewiesen.
8. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz dem Schlussurteil vorbehalten."
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich des Teilurteils des Senats vom 20.5.2009 hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO anstelle von
Tatbestand und Entscheidungsgründen)
I. Der Kläger ist zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 18.2.1993 in K. verstorbenen Frau N. H. B. T. bestellt. Er nimmt den Beklagten als ehemaligen Testamentsvollstrecker in gleicher Nachlasssache im Wege der Stufenklage auf Auskunft, Rechnungslegung, Versicherung an Eides Statt und Herausgabe der noch in seinem Besitz befindlichen Nachlassgegenstände in Anspruch.
Mit der Widerklage begehrt der Beklagte die Feststellung, dass er für die Grabpflegekosten der Erblasserin nicht persönlich hafte, sowie die Feststellung, dass ihm erforderliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses, insbesondere mit einer Reise in die U., zu erstatten seien.
Die Drittwiderklage richtet sich gegen einen der Erben der Erblasserin, den diese in ihrem Testament als Testamentsvollstrecker bestimmt hatte, der jedoch das Amt nicht angenommen hatte. Der Beklagte nimmt ihn auf Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der Zeit zwischen dem Erbfall und seiner, des Beklagten, eigenen Bestellung zum Testamentsvollstrecker in Anspruch. Desweiteren begehrt er ihm gegenüber die Feststellung, dass er, der Drittwiderbeklagte, einer Grabpflegeverpflichtung nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Schließlich nimmt er ihn auf...