Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung des Begriffes "vorhandenes Bargeld" in einem privatschriftlichen Testament.
2. Wendet der Erblasser im Wege des Vermächtnisses mehreren Vermächtnisnehmern das bei seinem Tode "vorhandene Bargeld" zu, ist eine Auslegung, wonach dieses Bargeld auch "leicht verfügbare Bankguthaben" erfasst (OLG Karlsruhe ZEV 2007, 380) möglich, aber nicht zwingend.
3. Es gibt keine Regel, nach der unter dem Begriff "Bargeld" zwangsläufig auch das auf Bankkonten liegende Geld umfasst wird.
4. Umstände, die im Rahmen der Testamentsauslegung herangezogen werden sollen, müssen entweder unstreitig oder zuvor vom Gericht festgestellt worden sein.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2174; ZPO §§ 138, 529
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.2.2021, Aktenzeichen 3 O 3962/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 2.500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten vorliegend über Ansprüche nach dem Tod der Erblasserin B. Ho. am 25.8.2017. Die Beklagten haben die Erblasserin aufgrund Testaments vom 24.3.2015 gemeinschaftlich beerbt.
In diesem Testament ordnete die Erblasserin u. a. zugunsten des Klägers zwei Vermächtnisse an:
"...
5. Mein Haus in der F.straße 19 erhält mein Patenkind, D. K. mit der Auflage Frau M. He. solange sie will, darin wohnen zu lassen.
...
12. Mein vorhandenes Bargeld wird in 19 Teile aufgeteilt. Es erhalten:
1. Teil D. K.
..."
Das in Ziffer 5 genannte Grundstück wurde am 12.07.2017 aufgrund notariellen Schenkungsvertrages und Auflassung des Notariats E. in M. an die Enkelin der Erblasserin aufgelassen. Dabei handelte die Erblasserin nicht selbst, vielmehr wurde sie von der Beklagten zu 1 vertreten. Diese handelte aufgrund einer notariellen Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012. Für den maßgeblichen Inhalt der Vorsorgevollmacht wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, S. 3, Bezug genommen.
Die Enkelin der Erblasserin, A. B., die bei der notariellen Beurkundung ebenfalls von der Beklagten zu 1 vertreten wurde, ist zwischenzeitlich als Eigentümerin für den streitgegenständlichen Grundbesitz in der F.straße 19 in M. eingetragen (Anlage K 8).
Der Kläger ist der Ansicht, er sei im Hinblick auf das durch die Erblasserin angeordnete Vermächtnis anspruchsberechtigt. Die Beklagten vereitelten rechtswidrig die Vermächtniserfüllung. Die der Übereignung zugrunde liegende Schenkung sei angesichts des nahenden Todes der Erblasserin erfolgt. Diese sei am 12.07.2017 außer Stande gewesen, ihren rechtsgeschäftlichen Willen zu äußern. Die Vorsorgevollmacht vom 17.12.2012 sei missbraucht worden, insbesondere seien die Bedingungen für die Vorsorgevollmacht nicht eingetreten gewesen. Im Übrigen sei die Erblasserin nicht in der Lage gewesen, den Inhalt des Dokuments vom 12.07.2017, mit dem sie die Anweisung zur Schenkung der Immobilie gegeben hatte, kognitiv zu erfassen. Da infolgedessen auch die Übereignung nichtig sei, könne der Kläger die Beklagten auf Vermächtniserfüllung in Anspruch nehmen.
Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, dass auch ein deutlich höherer Zahlungsanspruch als vom Landgericht angenommen bestehe. Denn unter dem von ihr verwendeten Begriff "Bargeld" habe die Erblasserin ihr gesamtes Geldvermögen verstanden, insbesondere auch private Bankkonten, Scheine und Münzen und auch das Buchgeld, nicht jedoch nur das im Zeitpunkt ihres Ablebens vorhandene physische Bargeld (Scheine und Münzen).
Das Landgericht hat die Klage fast vollständig nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Es sah die Immobilienübertragung aufgrund Vertrages vom 12.07.2017 als wirksam an, so dass insoweit kein Vermächtnisanspruch für den Kläger bestünde.
Im Hinblick auf das vermächtnisweise zugewendete Bargeld war das Landgericht der Ansicht, dass die Testamentsauslegung ergäbe, dass es sich bei dem zugewendeten Bargeld tatsächlich nur um das im Zeitpunkt des Ablebens der Erblasserin vorhandene physische Barvermögen handelte. Der insoweit bestehende Auskunftsanspruch sei durch Erfüllung erloschen.
Im Übrigen nimmt der Senat hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die tatsächlichen Feststellungen im Endurteil des Landgerichts München I vom 23.2.2021 Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Änderungen und Ergänzungen haben sich im zweiten Rechtszug nicht ergeben.
Gegen die beinahe vollständige Klageabweisung richtet sich die Berufung des Klägers, der in der Berufungsinstanz beantragt (Bl. 223/224 d. A.):
Unter entsprechender Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vo...