Leitsatz (amtlich)
1. Gegen gerichtliche Entscheidungen, welche die Bestellung eines Nachtragsliquidators einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betreffen, ist die sofortige Beschwerde statthaft (Aufgabe der früheren Rechtsprechung des Senats).
2. Nachtragsliquidation kommt hinsichtlich einer nach Liquidation im Handelsregister gelöschten GmbH auch dann in Betracht, wenn dieser in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin einer ebenfalls aufgelösten KG Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG bekanntgegeben werden soll.
3. In einem solchen Fall ist der Aufgabenkreis des Nachtragsliquidators auf die Entgegennahme dieser Feststellungsbescheide zu beschränken.
Normenkette
GmbHG § 74; AktG § 273 Abs. 4-5
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 14.12.2006; Aktenzeichen 17 HKT 20524/06) |
AG München (Beschluss vom 10.10.2006; Aktenzeichen HRB 119500) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG München I vom 14.12.2006 und der Beschluss des AG München vom 10.10.2006 werden aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG München zurückverwiesen.
Gründe
I. Die beteiligte Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden GmbH) wurde nach Liquidation am 8.10.2002 im Handelsregister gelöscht. Die weiteren Beteiligten zu 1 und 2 waren alleinige Gesellschafter sowie - neben einem Dritten - Liquidatoren und Geschäftsführer der Gesellschaft. Der weitere Beteiligte zu 2 ist als Rechtsanwalt - Fachanwalt für Steuerrecht - und Steuerberater tätig, der weitere Beteiligte zu 1 als Rechtsanwalt. Die GmbH war unter ihrer früheren Firma als Treuhandkommanditistin an der M. T. Errichtungs- und Verwaltungs GmbH & Co. KG (im Folgenden KG) beteiligt; Treugeber waren u.a. die weiteren Beteiligten zu 1 und 2. Komplementärin und weitere Kommanditisten waren ebenfalls Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Die KG ist im Handelsregister gelöscht; sie hatte Mitte 2001 ihren Sitz nach N. verlegt. Das dort zuständige Finanzamt führte aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 22.7.2004 in dem Zeitraum zwischen 6.9.2004 und 16.12.2005 eine Außenprüfung durch, u.a. hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Kalenderjahre 1998 bis 2002. Um den daraufhin ergangenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der Jahre 1998 und 1999 zuzustellen, beantragte das Finanzamt (weiterer Beteiligter zu 3) die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die GmbH. Die weiteren Beteiligten zu 1 und 2 lehnten dies ab. Sie verwiesen insbesondere darauf, dass es sich wirtschaftlich allenfalls um Steuerschulden der Treugeber handle. Überdies beschränke sich die Nachtragsliquidation keineswegs auf die Entgegennahme der Steuerbescheide. Vielmehr sei der Nachtragsliquidator zur Vermeidung der Haftung gegenüber etwaigen vormaligen Treugebern gehalten, Bestehen und Wirksamkeit der Treuhandverhältnisse und die materielle Richtigkeit der Steuerbescheide zu prüfen sowie Rechtsmittel einzulegen und gerichtliche Verfahren zu führen. Der vom Finanzamt als Nachtragsliquidator vorgeschlagene weitere Beteiligte zu 1 machte die Übernahme des Amtes davon abhängig, dass ein Kostenvorschuss von mindestens 20.000 EUR geleistet werde.
Nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis bestellte das Registergericht mit Beschluss vom 10.10.2006 die weiteren Beteiligten zu 1 und 2 zu gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Nachtragsliquidatoren der GmbH. Zur Begründung führte das Gericht aus, nach Auflösung der KG habe die Zustellung der Feststellungsbescheide an alle Gesellschafter zu erfolgen, also auch an die beteiligte GmbH. Es sei angezeigt, die beiden Gesellschafter der gelöschten GmbH auch ohne ihr Einverständnis zu Nachtragsliquidatoren zu bestellen, da sie aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht für die Vertretung der Gesellschaft zu sorgen hätten.
Gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten zu 1 und 2 im eigenen Namen, der Beteiligte zu 2 außerdem im Namen der GmbH sofortige Beschwerden ein. Ferner lehnten sie die Übernahme des Amtes ab, hilfsweise legten sie es nieder. Das LG hob mit Beschluss vom 14.12.2006 den Beschluss des Registergerichts auf und wies den Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators ab. Zur Begründung führte es aus, die Zustellung des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG sei keine steuerliche Angelegenheit der (Kommandit) GmbH. Zudem sei die Bestellung der früheren Gesellschafter und Liquidatoren gegen deren ausdrücklichen Willen unwirksam, weil hierzu keine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung bestehe. Die Entgegennahme von Schriftstücken zum Zweck der Zustellung sei auch keine Abwicklungsmaßnahme, die nur durch sie persönlich erfüllt werden könne. Auch komme die vom Finanzamt beantragte Beschränkung der Nachtragsliquidation auf die Entgegennahme der Steuerbescheide nicht in Betracht, da damit der gelöschten Kommanditistin und den hinter ihr stehenden Treugebern die Möglic...