Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erhöhung des jährlichen Erbbauzinses
Leitsatz (amtlich)
Ein Erhöhungsanspruch ist regelmäßig als unbillig anzusehen, wenn die Erhöhung über die seit Vertragsabschluss eingetretene Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hinausgeht. Als Bemessungsgrundlage dienen insoweit die Entwicklung der Lebenshaltungskosten bzw. der Verbraucherpreise und - mit gleicher Gewichtung - die Entwicklung der Bruttoverdienste der Arbeiter in der Industrie sowie die Bruttoverdienste der Angestellten in Industrie und Handel. Abzustellen ist dabei auf die jeweiligen Indices des Statistischen Bundesamts.
Normenkette
ErbbauRG § 9a Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 31.05.2017; Aktenzeichen 18 O 15982/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 31.05.2017, Az. 18 O 15982/16, dahingehend abgeändert, dass die Klage zur Gänze abgewiesen wird und der Kläger die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
2. Dieses Urteil sowie das Endurteil des Landgerichts München I vom 31.05.2017, soweit es Bestand hat, sind vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erhöhung eines Erbauzinses.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks P. 3 in U., vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts München für U., Bd. ...38, Bl. ...34, BVNr. 14.
Der Beklagte ist Erbbauberechtigter an dem Grundstück.
Die Rechtsvorgänger der Parteien bestellten mit notariellem Vertrag vom 22.09.1951 (Anl. K 2) an dem Grundstück für den Rechtsvorgänger des Beklagten für die Dauer von 66 Jahren ein Erbbaurecht, das durch notariellen Nachtrag vom 17.11.1953 (Anl. K 3) auf eine Dauer von 99 Jahren verlängert wurde. Als jährlicher Erbbauzins wurde ein Betrag von 50,00 DM vereinbart.
Hinsichtlich einer späteren Änderung des Erbauzinses enthält der Erbbauvertrag in Ziffer II. Abs. 5 und 6 folgende Regelung:
"Die Vertragsteile sind berechtigt nach Ablauf von jeweils fünf Jahren eine Revision des Erbbauzinses zu verlangen.
Sie unterwerfen sich in diesem Falle dem Gutachten eines vom Präsidenten des Amtsgerichts München zu bestimmenden gerichtlichen Sachverständigen."
Aufgrund eines Anpassungsverlangens des Rechtsvorgängers des Klägers wurde der jährliche Erbbauzins nach Erholung eines Gutachtens eines vom Präsidenten des Amtsgerichts München benannten Sachverständigen (Anl. K 5) ab 01.08.1966 auf 577,20 DM erhöht.
1978 vereinbarten die damaligen Vertragsparteien ohne vorherige Erholung eines Sachverständigengutachtens mündlich eine weitere Erhöhung des jährlichen Erbbauzinses auf nunmehr 800,00 DM. Diesen Erbbauzins (umgerechnet 409,04 EUR) zahlt der Beklagte bis heute jährlich an den Beklagten.
Mehrere zwischenzeitliche, gerichtlich verfolgte Erhöhungsverlangen des Klägers blieben ohne Erfolg.
Mit Schreiben vom 13.05.2016 begehrte der Kläger vom Beklagte eine Erhöhung des Erbbauzinses auf nunmehr 1.568,73 EUR jährlich rückwirkend seit 01.02.2013.
Der Kläger beantragte,
I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.659,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 522,85 EUR seit 02.02.2013, 02.08.2013, 02.02.2014, 02.08.2014, 02.02.2015, 02.08.2015 und 02.02.2016 zu bezahlen.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 580,34 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 02.08.2016 zu bezahlen.
III. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.02.2017 für das Grundstück Gemarkung U., Fl.St. ...25/28, P. 3, U., vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts München für U., Bd. ...38, Bl. ...34, BVNr. 14, einen jährlichen Erbbauzins in Höhe von 1.568,73, jeweils fällig in zwei gleichen Raten zum 01.02. und zum 01.08. eines jeden Jahres zu bezahlen.
Der Beklagte beantragte,
Die Klage wird abgewiesen.
Das Landgericht München I verurteilte den Beklagten mit Endurteil vom 31.05.2017, Az. 18 O 15982/16, zur Zahlung von 580,34 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.08.2016 sowie ab 01.02.2017 zur Zahlung eines jährlichen Erbbauzinses für das Grundstück in Höhe von 1.568,73 EUR jeweils fällig in zwei gleichen Raten zum 01.02. und 01.08. eines jeden Jahres an den Kläger. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Endurteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Der Beklagte verfolgt mit seiner Berufung sein erstinstanzliches Klageabweisungsziel weiter.
Er beantragt,
I. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 31.05.2017 wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt
die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.
Das Gericht hat am 11.04.2018 mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger beantragt, ihm eine Schriftsatzfrist zur Stellungnahme auf vom Senat in der mündlichen Verhandlung erteilte Hinweise sowie auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 27.03.2018 zu ...