Leitsatz (amtlich)
1. Die nach § 30 Abs. 1 S. 1 und 2 Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) untersagte Annahme einer Zuwendung von Todes wegen durch einen Berufsbetreuer stellt einen Verstoß gegen seine Berufspflichten dar, nicht jedoch einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB.
2. Die entsprechende letztwillige Verfügung des Erblassers und der Vermögensübergang nach § 1922 Abs. 1 BGB sind in solchen Fällen im Hinblick auf den umfassenden Schutz der Testierfreiheit wirksam.
3. Diese gesetzgeberische Wertung ist auch bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der letztwilligen Verfügung zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB §§ 134, 138, 1922 Abs. 1; BtOG § 30 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Schwabach (Aktenzeichen VI 2397/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Schwabach vom 06.03.2023 aufgehoben.
2. Die Tatsachen, die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
3. Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Schwabach wird angewiesen, dem Beschwerdeführer einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweist.
4. Von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
5. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren bleibt vorbehalten.
Gründe
I. Der am xx.xx.xxxx verstorbene unverheiratete Erblasser hatte keine Abkömmlinge. Der Beschwerdeführer war zu dessen Berufsbetreuer bestellt worden.
Er hatte den Erblasser bei der Erstellung eines Textes für ein Testament unterstützt und dazu einen maschinenschriftlichen (Lücken-)Text vorformuliert und ausgedruckt, der lautete wie folgt:
"MEIN LETZTER WILLE
..., hiermit habe ich Hr. R. gebeten meinen Letzten Wunsch aufzuschreiben, weil ich nicht mehr so lange schreiben kann.
Ich K., wohnhaft xx, in xx, geb. am xx.xx.xxxx
setzte hiermit ...
Ich habe keine weiteren Angehörigen und möchte deshalb, dass er nach meinem Tod über mein noch vorhandenes Vermögen bei der Sparda - Bank in xx
sowie
über das bei der Sparkasse xx verfügen kann.
K.
Auf den vorgedruckten Linien fügte der Erblasser handschriftlich das Datum "11.5.21" ein und zu Beginn des Textes die Worte "Mein letzter Wille". Nach "setzte hiermit" ergänzte er die Worte "R. Straße xx, in xx, geb. xx als meinen Alleinerben ein". Des Weiteren ergänzte er handschriftlich die IBAN seiner beiden Konten und schloss den Text mit seiner Unterschrift ab. Wegen der Einzelheiten wird auf das Testament (Bl. 33 d.A.) Bezug genommen. Das Testament wurde am 26.11.2021 in besondere amtliche Verwahrung genommen.
Am 29.06.2022 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweist (Bl. 45/48 d.A.).
Der Antrag wurde vom Amtsgericht Schwabach zunächst mit Beschluss vom 17.10.2022 wegen Sittenwidrigkeit des Testaments zurückgewiesen (Bl. 67/68 d.A.). Diesen Beschluss hat der Senat aber im Beschwerdeverfahren Az. 15 W 3268/22 mit Beschluss vom 19.01.2023 wegen Tätigwerdens der funktionell unzuständigen Rechtspflegerin aufgehoben.
Mit Beschluss vom 06.02.2023 wies das Amtsgericht Schwabach den Antrag erneut zurück und begründete dies mit Formunwirksamkeit und Sittenwidrigkeit des Testaments. Wegen der Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss (Bl. 88/90 d.A.) Bezug genommen.
Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 15.03.2023 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 13.04.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tage, mit der der Beschwerdeführer sich gegen die Argumentation des Erstgerichts wendet und Aufhebung des Beschlusses und Anweisung des Nachlassgerichts zur Erteilung des beantragten Erbscheins begehrt (Bl. 91/95 d.A.).
Das Amtsgericht Schwabach hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17.04.2023 nicht abgeholfen (Bl. 96 d.A.).
II. Die nach § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 63, 64 FamFG).
Sie hat in der Sache auch Erfolg, da der Beschwerdeführer testamentarischer Alleinerbe geworden ist.
1. Das Testament vom 11.05.2021 ist nicht formungültig.
Zu Recht geht das Erstgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer dem Erblasser ein von ihm mittels Computer vorgefertigtes Schriftstück überlassen hat, das mit "MEIN LETZTER WILLE" überschrieben war und bereits die Person des Erblassers maschinenschriftlich (mit Name, Geburtsdatum und Adresse) eindeutig identifiziert hatte. Auch diese Aussage ("habe ich Hr. R. gebeten meinen Letzten Wunsch aufzuschreiben, weil ich nicht mehr so lange schreiben kann.") ist nämlich bereits in dem Vordruck enthalten.
Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen bestreitet, beim Ausfüllen des vorgefertigten Blanko-Formulars zugegen gewesen zu sein, er habe vielmehr erst einige Tage nach dem 05.11.2021 zwei versiegelte Umschläge erhalten, kann dies in formeller Hinsicht dahinstehen, da jedenfalls von einer eigenhändigen Erstellung der handschriftlichen Eintragungen in den Vordruck durch den Erblasser auszugehen ist (vgl. auch die Fests...