Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung des Insolvenzantragsverfahrens ohne Insolvenzeröffnung: Rechnungslegungsanspruch des Schuldners gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter hinsichtlich eingerichteter Treuhandkonten
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Beendigung des Insolvenzantragsverfahrens ohne Insolvenzeröffnung hat der vorläufige Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner Rechnungslegung gem. § 666 BGB über ein von ihm eingerichtetes Treuhandkonto zu erteilen und an ihn die angesammelten Gelder gem. § 667 BGB herauszugeben.(Rz. 28)
2. Der Insolvenzverwalter eines später eröffneten Insolvenzverfahrens kann den bestehenden, noch nicht erfüllten Rechnungslegungsanspruch des Schuldners hinsichtlich vorhanden gewesener Treuhandkonten gem. § 80 Abs. 1 InsO gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter geltend machen.(Rz. 39)
Normenkette
InsO § 80; BGB §§ 666-667
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 09.08.2012; Aktenzeichen 4 O 1182/12 (174)) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 9.8.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Frau S. J.-P. den Beklagten als vormaligen vorläufigen Insolvenzverwalter auf Rechnungslegung in Anspruch genommen.
In einem früheren, die oben genannte Schuldnerin betreffenden Insolvenzeröffnungsverfahren war der Beklagte durch Beschluss des AG Bersenbrück vom 23.1.2010 zunächst zum Sachverständigen und sodann durch Beschluss vom 9.2.2010 zum vorläufigen Insolvenzverwalter (schwacher Insolvenzverwalter) bestellt worden. Der Insolvenzantrag wurde später vom antragstellenden Gläubiger nach Erfüllung der Forderung des Gläubigers für erledigt erklärt. Ein Antrag des Beklagten auf Festsetzung einer Vergütung wurde durch Beschluss des AG Bersenbrück vom 3.5.2010 zurückgewiesen.
Nach erneutem Insolvenzantrag wurde nunmehr der Kläger durch Beschluss vom 5.7.2011 zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger hat den Beklagten auf Rechnungslegung über die bei ihm als vorläufigem Insolvenzverwalter eingegangenen Gelder auf dem vom Beklagten eingerichteten Treuhandkonto/den eingerichteten Treuhandkonten in Anspruch genommen.
Der Kläger hat gemeint, der Beklagte habe eine aus seinem Amt als vorläufiger Insolvenzverwalter nachwirkende Verpflichtung zur Auskunftserteilung/Rechnungslegung gegenüber der Schuldnerin aufgrund eines Auftragsverhältnisses.
Er hat mit der Klage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, Rechnungslegung zu erteilen über die bei ihm als vorläufigem Insolvenzverwalter im Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der Frau S. J.-P. eingegangenen Gelder und über deren Verbleib durch Vorlage der Kontoauszüge des/der von ihm eingerichteten Treuhandkontos/Treuhandkonten und der Belege für alle Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt.
Er hat gemeint, ein Auftragsverhältnis mit der Folge entsprechender Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten bestehe nicht zwischen den Parteien und auch nicht zwischen dem Beklagten und der Insolvenzschuldnerin.
Selbst bei Annahme eines derartigen Rechtsverhältnisses sei ein entsprechender Anspruch auf Auskunft durch Erfüllung erloschen. Die Schuldnerin sei über Zahlungseingänge und -ausgänge vollumfänglich informiert worden.
Das LG hat der Klage stattgegeben und den Beklagten antragsgemäß zur Rechnungslegung verurteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des dabei zugrunde gelegten Sachverhalts, des streitigen erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Einzelheiten der Begründung dieser Entscheidung wird auf das am 9.8.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück verwiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er im Wesentlichen vor:
Eine Grundlage für die vom LG für den zugesprochenen Auskunftsanspruch herangezogene Analogie zu den Regelungen des Betreuungs-, Pflegschafts- und Vormundschaftsrechts sei nicht gegeben; von einer planwidrigen Regelungslücke könne keine Rede sein. Einen eigenen einklagbaren Anspruch auf Rechnungslegung habe weder die Insolvenzschuldnerin noch der neue Insolvenzverwalter. Ein Rückgriff auf allgemeine zivilrechtliche Grundsätze scheide hier aus, weil die Frage der Rechnungslegung eines vorläufigen Insolvenzverwalters spezialgesetzlich in der InsO geregelt sei, nämlich in §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 InsO. Danach sei Rechnung zu legen gegenüber der Gläubigerversammlung, wobei die entsprechende Rechnung beim Insolvenzgericht einzureichen und von diesem vorab zu prüfen sei. Die insolvenzrechtlichen Regelungen über die Rechnungslegung des vorläufigen Insolvenzverwalters seien auch unabhängig von den geltenden Regelungen über die Vergütung sowie die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters. In den soeben zitierten Rege...