Dr. rer. pol. Alexander Bohn, Dr. rer. pol. Michael Heimig
Die Unternehmensbesteuerung in Deutschland kennzeichnet traditionell eine unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits. Die Besteuerung von Personengesellschaften folgt dem Mitunternehmerschaftskonzept, welches im Grundsatz durch das Transparenzprinzip geprägt wird. Rechtsgrundlage ist der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und das dort verankerte Regelungskonzept, nach dem die Gewinn- oder Verlustanteile von den einzelnen Mitunternehmern der Personengesellschaft unmittelbar versteuert werden (Ausnahme: Gewerbesteuer). Die steuerliche Gewinnermittlung bei Mitunternehmerschaften weist dabei einige Besonderheiten auf. So sind etwa bei der Ermittlung des steuerlichen Gesamtgewinns der Mitunternehmerschaft neben dem gesamthänderisch erzielten Ergebnis insbesondere die Effekte von Ergänzungsbilanzen sowie Sonderbilanzen und Sondervergütungen einzelner oder aller Mitunternehmer zu beachten, die ganz wesentlichen Einfluss auf die von den Mitunternehmern zu versteuernden Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft haben können.
Diese Einkünfte sind den Mitunternehmern der Personengesellschaft grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Gewinnverwendung zuzurechnen und somit unabhängig davon, ob Gewinne thesauriert oder entnommen werden. Demgegenüber verfolgt die Besteuerung von Kapitalgesellschaften eine strikte Zwei-Ebenen-Betrachtung. Die Gewinne von Kapitalgesellschaften unterliegen nach dem Trennungsprinzip zunächst auf Ebene der Gesellschaft der Körperschaftsteuer (sowie regelmäßig auch der Gewerbesteuer) und erst im Falle der Ausschüttung an den Anteilseigner der Besteuerung mit Einkommensteuer.
Mit dem Ziel, rechtsformabhängige Belastungsunterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften zu mindern bzw. zu beseitigen, hat der Gesetzgeber bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Regelungen getroffen, die zumindest eine punktuelle Annäherung der unterschiedlichen Besteuerungsregime bewirken sollten. Allen voran zu nennen ist hier die Einführung einer Thesaurierungsbesteuerung, mittels derer nicht entnommene Gewinne einer Personengesellschaft durch Anwendung eines Sondertarifs gemäß § 34a EStG begünstigt werden sollen. Gleichwohl hat er bislang – jedenfalls im Grundsatz – an der traditionell dichotomen Orientierung des Unternehmenssteuerrechts an der zivilrechtlichen Rechtsform festgehalten.
Abb. 1: Status quo: Rechtsformabhängige Unternehmensbesteuerung
Mit der Einführung eines sog. Optionsmodells in § 1a KStG i. d. F. des KöMoG unternimmt der Gesetzgeber nunmehr den bislang weitreichendsten Versuch einer Angleichung der Besteuerungssituation. Danach können Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften erstmals mit Wirkung ab dem 1.1.2022 für ertragsteuerliche Zwecke zur Besteuerung nach dem Körperschaftsteuer-Regime optieren. Wesentliche Folge der Optionsausübung ist, dass die optierende Gesellschaft fortan konsequent nach dem Trennungsprinzip besteuert wird, ohne dass sich die gesellschaftsrechtliche Form der Personengesellschaft ändert. Die Regelungen zum Optionsmodell sehen dazu vor, dass Personengesellschaften bei Ausübung der Option "für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen wie eine Kapitalgesellschaft (optierende Gesellschaft) und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln" sind. Die bisherige Mitunternehmerschaftsbesteuerung nach Transparenzgrundsätzen endet mithin für die optierende Gesellschaft.
Analoge Anwendung der §§ 25 und 20 – 23 UmwStG
Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung soll durch analoge Anwendung der umwandlungssteuerlichen Vorschriften zum Formwechsel erfolgen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG). Der Wechsel des Besteuerungsregimes mittels Optionsausübung kann dementsprechend nur unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 25 und 20-23 UmwStG steuerneutral vollzogen werden. Umgekehrt besteht für die optierende Gesellschaft die Möglichkeit zu beantragen, dass sie nicht mehr wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter nicht mehr wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt werden (Rückoption). Eine Rückkehr zur gewohnten transparenten Besteuerung tritt darüber hinaus in bestimmten Fällen kraft Gesetzes und somit zwangsweise ein. Steuerlich wird dieser Wechsel erneut wie ein "fiktiver" Formwechsel behandelt, auf den § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwStG und somit die einschlägigen Regelungen hinsichtlich des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft Anwendung finden.
Die in § 1a KStG verankerte Optionsbesteuerung hat zunächst ausschließliche Wirkung für ertragsteuerliche Zwecke. Weitergehende Folgewirkungen für die Anwendung anderer Steuerarten im Falle der Optionsausübung regeln die entsprechenden Gesetze eigenständig (z. B. Gesetz über die Grunderwerbsteuer sowie Gesetz über die Erbschaft- und Schenkungsteuer). Punktueller Anpassungsbedarf kann sich bei Anwendung der Optionsbesteueru...