Leitsatz
1. Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Kleinere Mängel führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1%-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind.
2. § 8 Abs. 2 S. 4 EStG setzt nicht die Einrichtung eines gesonderten Aufwandskontos voraus.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2 ff. EStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, stellte ihrer Gesellschafter-Geschäftsführerin ein firmeneigenes Kfz zur Verfügung, das diese auch privat nutzen durfte. Über die mit den jeweiligen Dienstwagen unternommenen Fahrten wurden Fahrtenbücher geführt.
Nach einer LSt-Außenprüfung vertrat das FA die Ansicht, die Fahrtenbuch-Aufzeichnungen seien nicht ordnungsgemäß. Es wandte deshalb die 1%-Regelung an und nahm die Klägerin in Haftung (§ 42d EStG).
Die Klage gegen den Haftungsbescheid war teilweise erfolgreich. Das FG beurteilte die Fahrtenbücher zum Teil als ordnungsgemäß (FG Köln, Urteil vom 27.04.2006, 10 K 4600/04; Haufe-Index 1542936, EFG 2006, 1664).
Entscheidung
Die (nur) vom FA eingelegte Revision blieb erfolglos. Die Würdigung des FG, es lägen nur kleinere Mängel (u.a. keine genaue Übereinstimmung der km-Stände in Fahrtenbuch und in Werkstattrechnung) vor, die die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbücher nicht berührten, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Hinweis
1. Der BFH hat in jüngerer Zeit schon mehrfach entschieden, welche Voraussetzungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, mit dem die 1%-Regelung vermieden werden kann, zu stellen sind (u.a. BFH, Urteile vom 09.11.2005, VI R 27/05, BFH/PR 2006, 217; vom 16.11.2005, VI R 64/04, BFH/PR 2006, 218; vom 16.03.2006, VI R 87/04, BFH/PR 2006, 219).
Die zusammengefassten und höchstrichterlich im Wesentlichen geklärten Grundsätze: Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands müssen im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Dabei ist jede einzelne berufliche Verwendung grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Kfz-Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wird andererseits der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen, so stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist.
2. Mit vorliegender Entscheidung hat der BFH indessen (nochmals) klargestellt, dass kleinere Mängel nicht zur Verwerfung der Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs und zur Anwendung der 1%-Regelung führen müssen. Der BFH zieht hierbei eine Parallele zur Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Auch diese kann trotz einiger formeller Mängel aufgrund einer Gesamtbewertung noch als formell ordnungsgemäß erscheinen.
Maßgeblich bleibt bei der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist.
3. Wichtig ist auch derHinweis des BFH, dass die Frage, ob ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß ist, nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entschieden werden kann. Dies obliegt in erster Linie den FG als Tatsacheninstanz. Deren tatrichterliche Würdigung bezieht sich naturgemäß auch darauf, ob kleinere (unschädliche) Mängel des Fahrtenbuchs vorliegen.
4. Weitere Voraussetzung für die Bewertung des geldwerten Vorteils mithilfe des Fahrtenbuchs ist (§ 8 Abs. 2 S. 4 EStG), dass die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege nachgewiesen werden. Dieser Belegnachweis verlangt aber keine getrennte Aufzeichnung der Kosten in gesonderten Aufwandskonten. Die Einrichtung derartiger Konten mag zwar den Nachweis erleichtern und zweckmäßig sein, das Gesetz fordert dies hier aber nicht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.04.2008, VI R 38/06