Sachverhalt
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 26.1.2023 ging es um die Frage, ob und ggf. inwieweit Innenumsätze in einem Organkreis steuerbar sind.
Im Ausgangsverfahren ging es um eine Stiftung öffentlichen Rechts als Trägerin einer Universität, die auch einen Bereich Universitätsmedizin unterhält. Die Stiftung erbringt als Organträger, soweit ihre Ausgangsleistungen auf den Krankenhausbetrieb entfallen, steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze. Zugleich nimmt die Stiftung als juristische Person des öffentlichen Rechts hoheitliche Aufgaben wahr, für die sie nicht als Unternehmer gilt. Eine GmbH (Organgesellschaft) hatte gegenüber der Stiftung gegen Entgelt Reinigungs-, Hygiene- und Wäschereileistungen sowie Patiententransportdienstleistungen erbracht. Die Reinigungsleistungen erbrachte die GmbH in den Räumen der Stiftung. Sie umfassten den gesamten Gebäudekomplex des Bereichs Universitätsmedizin, zu dem neben Patientenzimmern, Fluren, Operationssälen auch Hörsäle und Labore gehören. Während der eigentliche Krankenhausbereich der Versorgung der Patienten diente und damit dem wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich des Organträgers zuzuordnen war, in dem er als Unternehmer handelt, wurden die Hörsäle, Labore und andere Räume für die Ausbildung der Studierenden und damit für den hoheitlichen Bereich des Organträgers genutzt, für den er nicht als Unternehmer gilt.
Das Finanzamt war ursprünglich davon ausgegangen, dass die von der GmbH an den Organträger erbrachten Reinigungsleistungen als Umsätze innerhalb des Organkreises nicht steuerbar seien. Soweit aber die Reinigungsleistungen für den Hoheitsbereich des Organträgers erfolgten, seien diese als unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG steuerbar.
Der BFH hatte bereits zuvor mit zwei Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH das Institut der Organschaft auf den Prüfstand gestellt. Es ging um die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Organschaft und dabei um die Kardinalfrage, ob das deutsche Recht, das den Organträger als einzigen Unternehmer bestimmt, während die Organgesellschaften unselbständig sind, unionsrechtskonform ist. Streitig war u. a. auch, ob im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nichtsteuerbare Innenumsätze vorliegen. Weiterhin war fraglich, ob hinsichtlich der finanziellen Eingliederung ein über die Mehrheitsbeteiligung hinausgehendes Erfordernis einer Stimmrechtsmehrheit erforderlich ist.
Aufgrund dieser BFH-Vorlagen hatte der EuGH mit Urteilen vom 1.12.2022 in den Rechtssachen C-141/20 und C-269/20 zum einen bestätigt, dass die geltende deutsche Rechtslage, wonach bei bestehender Organschaft der Organträger der einzige Unternehmer ist, dem zugleich alle Umsatzsteuertransaktionen des gesamten Organkreises zugerechnet werden, unionsrechtskonform ist. In der Sache C-141/20 hatte der EuGH zudem entschieden, dass die finanzielle Eingliederung bei einer Organschaft nicht voraussetzt, dass neben einer Mehrheitsbeteiligung damit zugleich auch eine Stimmrechtsmehrheit vorliegen muss. Dies steht der geltenden Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 2.8 Abs. 5 UStAE entgegen. In der Sache C-269/20 hatte der EuGH nicht entschieden, ob die an den hoheitlichen Bereich des Organträgers erbrachten Dienstleistungen durch die Organgesellschaft (wenn es nach dem EuGH-Urteil denn keine (steuerbaren) unentgeltlichen Wertabgaben sein können) als entgeltliche Leistungen nach Art. 2 der 6. EG-Richtlinie bzw. nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL steuerbar sein können. Insgesamt blieb nach der EuGH-Entscheidung in der Sache C-269/20 (wie auch nach der Entscheidung in der Sache C-141/20) offen, ob Leistungen, die innerhalb des Organkreises erbracht werden, weiterhin nicht steuerbare Innenumsätze sein können.
Mit Urteil vom 18.1. 2023 hat der XI. Senat des BFH die Nachfolgeentscheidung zu dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-141/20 getroffen. Danach ist zum einen die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ergebende Steuerschuldnerschaft des Organträgers für die Umsätze der Organschaft unionsrechtskonform. In Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH weiterhin entschieden, dass die finanzielle Eingliederung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwar im Grundsatz erfordert, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht. Eine finanzielle Eingliederung liegt aber auch dann vor, wenn die erforderliche Willensdurchsetzung dadurch gesichert ist, dass der Gesellschafter zwar über nur 50 % der Stimmrechte verfügt, er aber eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital der Organgesellschaft hält und er den einzigen Geschäftsführer der Organgesellschaft stellt.
Zu der EuGH-Entscheidung in der Sache C-269/20 hat der BFH noch keine Nachfolgeentscheidung getroffen. Vielmehr hatte der V. Senat des BFH mit Beschluss vom 26.1.2023 den EuGH erneut um Vorabentscheidung gebeten. Der BFH fragte den EuGH, ob
- die Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der E...