Leitsatz
1. Die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ergebende Steuerschuldnerschaft des Organträgers ist unionsrechtskonform (Anschluss an Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.01.2023 ‐ XI R 29/22 (XI R 16/18), BFHE 279, 320).
2. Entgeltliche Leistungen, die eine Organgesellschaft an den Organträger erbringt, sind entsprechend der bisherigen BFH-Rechtsprechung nichtsteuerbar.
3. Erbringt eine Organgesellschaft Leistungen gegen Entgelt an den Organträger, lässt die Nichtsteuerbarkeit das Entgelt nicht entfallen, so dass es mangels Unentgeltlichkeit nicht zu einer Entnahmebesteuerung gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG beim Organträger kommt (insoweit Aufgabe des BFH-Urteils vom 20.08.2009 ‐ V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl II 2010, 863).
Normenkette
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1, § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2, Art. 6 Abs. 2 Buchst. b 6. EG-RL (= EWGRL 77/388)
Sachverhalt
Der Kläger, eine jPdöR, war Alleingesellschafter der A-GmbH. Zwischen dem Kläger und der A-GmbH bestand eine Organschaft. Die A-GmbH erbrachte gegen gesonderte Vergütung Reinigungsleistungen an den Kläger. Die Reinigungsleistungen bezogen sich auf Flächen, die der Kläger für steuerfreie Zwecke (entgeltliche Krankenhausleistungen) und für hoheitliche Zwecke (Forschung und Lehre) verwendete. Im Umfang der Hoheitsverwendung ging das FA von einer Entnahmebesteuerung aus. Die Klage zum FG hatte Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.10.2019, 5 K 309/17, Haufe-Index 13768031, EFG 2020, 881).
Entscheidung
Nachdem der BFH im Revisionsverfahren zwei Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet hatte, bestätigte der BFH die Klagestattgabe durch das FG.
Hinweis
1. Der BFH entscheidet zu einer Grundsatzfrage und vertagt die Entscheidung einer anderen.
2. In Bezug auf Innenumsätze zwischen Organträger und Organgesellschaft hält er an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der diese nichtsteuerbar sind. Dies gilt auch dann, wenn der Organträger die von der Organgesellschaft empfangene Leistung für hoheitliche Zwecke verwendet.
3. Zudem verneint der BFH eine Entnahmebesteuerung, wenn der Organträger die von der Organgesellschaft entgeltlich bezogene Leistung für Hoheitszwecke verwendet, da es dann an der für die Entnahmebesteuerung erforderlichen Unentgeltlichkeit fehlt. Offenbleibt damit, ob eine Entnahme aus dem Unternehmen für Hoheitszwecke als unternehmensfremd anzusehen ist, sodass auch deshalb eine Entnahmebesteuerung zu verneinen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.8.2024 – V R 14/24 (V R 20/22, V R 40/19)