a) Die neue Berechnungsmethodik
Gemäß Rz. 4 (s. dort für ein ausführliches Berechnungsbeispiel) des Ländererlasses ergibt sich folgende Berechnungsmethodik, welche die bisherige Berechnungsmethodik der R E 13b.9 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2019 ersetzt:
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festgestellter Wert der Finanzmittel (einschließlich junger Finanzmittel) § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG |
./. |
festgestellter Wert der jungen Finanzmittel |
= |
Zwischenwert I (mindestens 0 EUR) |
./. |
festgestellter Wert der Schulden |
= |
Zwischenwert II (mindestens 0 EUR) |
+ |
festgestellter Wert der jungen Finanzmittel |
= |
anzusetzender Wert der Finanzmittel |
+ |
festgestellter Wert des Verwaltungsvermögens (einschließlich junges VV) § 13b Abs. 4 Nr. 1 – 4 ErbStG |
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= |
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test |
|
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test |
festgestellter Wert des (Anteils) Betriebsvermögens |
= |
Verwaltungsvermögensquote |
Wie auch der BFH lässt die Finanzverwaltung den Abzug des 15 %-Sockelbetrags nicht zu (vgl. Rz. 5 des Erlasses, so auch Kugelmüller-Pugh, DStR 2023, 2788, 2794; a.A. Korezkij, DStR 2024, 529, 530). Erfreulich ist die Klärung des Finanzmittelbegriffs durch die Finanzverwaltung in der vorstehenden Berechnungsmethodik, die nun im Einklang mit den bisherigen ErbSt-Richtlinien steht (R E 13b.10 ErbStR). Unklarheiten in der vom BFH dargestellten Berechnungsmethodik (vgl. hierzu Korezkij, DStR 2024, 529, 530 f.) wurden durch eine konsistente Begrifflichkeit beseitigt; insb. erfolgt keine Doppelerfassung der jungen Finanzmittel. Die Finanzverwaltung stellt mit der vorstehenden Berechnungsmethodik klar, dass die jungen Finanzmittel auch für den 90 %-Test ohne Schuldverrechnung zu berücksichtigen sind.
Beispiel 2
In Fortführung des obigen Beispiel 1 ergibt sich nun aus der vorstehenden Berechnungsmethodik Folgendes:
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festgestellter Wert der Finanzmittel (einschließlich junger Finanzmittel) § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG |
10.000.000 EUR |
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./. |
festgestellter Wert der jungen Finanzmittel |
0 EUR |
= |
Zwischenwert I (mindestens 0 EUR) |
10.000.000 EUR |
./. |
festgestellter Wert der Schulden |
9.000.000 EUR |
= |
Zwischenwert II (mindestens 0 EUR) |
1.000.000 EUR |
+ |
festgestellter Wert der jungen Finanzmittel |
0 EUR |
= |
anzusetzender Wert der Finanzmittel |
1.000.000 EUR |
+ |
festgestellter Wert des Verwaltungsvermögens (einschließlich junges VV) § 13b Abs. 4 Nr. 1–4 ErbStG |
1.000.000 EUR |
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= |
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test |
2.000.000 EUR |
|
|
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test |
2.000.000 EUR |
festgestellter Wert des (Anteils) Betriebsvermögens |
12.000.000 EUR |
= |
Verwaltungsvermögensquote |
16,7 % |
Die Verwaltungsvermögensquote hat sich deutlich reduziert. Insbesondere wurde die relevante Grenze von 90 % unterschritten und die Übertragung der ABC-GmbH ist den Verschonungsregelungen grundsätzlich zugänglich.
b) Anwendungsbereich der Regelung
Neben der Klärung der Berechnungsweise ist insb. die Ausweitung der Schuldverrechnung für Zwecke des 90 %-Tests durch die Finanzverwaltung auf weitere Fallkonstellationen zu begrüßen. Die Finanzverwaltung lässt neben Schenkungsfällen die Schuldverrechnung auch bei Erbfällen zu. Zudem erklärt die Finanzverwaltung das Urteil neben Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) auch auf Betriebsvermögen und Anteile an Betriebsvermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) sowie auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) für anwendbar (vgl. Rz. 2 des o.g. Erlasses).
Beraterhinweis Grundlegende Voraussetzung für die Schuldverrechnung im 90 %-Test ist auch nach Auffassung der Finanzverwaltung der sog. Hauptzwecktest (vgl. Rz. 3 o.g. des Erlasses). Demnach muss der übertragende Betrieb oder nachgeordnete Gesellschaften nach dem Hauptzweck einer land- und forstwirtschaftlichen (§ 13 Abs. 1 EStG), einer originär gewerblichen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder einer selbstständigen Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG) dienen. Eine bestimmte Branchenbeschränkung, z.B. Handelsunternehmen, ist nicht vorgesehen.
c) Lösungen weitergehender Praxisprobleme: Schuldverrechnung im Konzern unter besonderer Benachteiligung von Personengesellschaften
Ohne dass dies im Erlass explizit angesprochen wird, entschärft die Finanzverwaltung "en passant" mit der Änderung der Berechnungsmethodik des 90 %-Tests das komplexe Praxisproblem der konzerninternen Schuldverrechnung für Zwecke der Verbundvermögensaufstellung (§ 13b Abs. 9 Satz 3 ErbStG). Demnach dürfen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaften im Unternehmensverbund außer Ansatz gelassen werden, soweit sie sich gegenüberstehen. Die damit verbundene komplexe Auslegung und Feststellungsmethodik sowie die den Steuerpflichtigen auferlegte Nachweispflicht (vgl. R E 13b.29 Abs. 5 ErbStR) sind für sich genommen bereits durchaus herausfordernd. Die Ansicht der Finanzverwaltung, dass Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen bei Personengesellschaften im Unternehmensverbund ausgeschlossen sein sollen (R E 13b.29 Abs. 5 Satz 6 ff.), ist sodann kaum noch nachvollziehbar (vgl. zur diesbezüglichen Kritik auch Dörfler/Spitz, ErbStB 2020, 162; Korezkij in BeckOK ErbStG, 23. Ed., § 13b Rz. 359).
Dies führte in der Praxis nicht selten zu der Problematik, dass aufgrund fehle...