Leitsatz
1. Eine Personengesellschaft kann ihren Gewerbebetrieb an einen ihrer Gesellschafter veräußern.
2. Setzen sich die Gesellschafter zweier personenidentischer Gesellschaften, die jeweils einen Betrieb unterhalten, dergestalt auseinander, dass jeder der Gesellschafter einen Betrieb als Einzelunternehmen fortführt, liegt keine Realteilung vor.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG , § 16 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 3 EStG , § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO , § 738 Abs. 1 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Friseurmeisterin, unterhielt bis 1985 gemeinsam mit einem Mitgesellschafter in der Rechtsform einer GbR einen Friseursalon. Mit Vertrag vom 23.12.1985 wurde die GbR aufgehoben. In dem Vertrag heißt es: "Der Gesellschaftsvertrag vom 12.9.1983 wird in beiderseitigem Einvernehmen nach Ablauf des Jahres 1985 aufgehoben. Der Friseurbetrieb in S wird unter Aufdeckung der stillen Reserven an die ehemalige Gesellschafterin Frau ... veräußert. Die Werte sind dabei von beiden Gesellschaftern gemeinsam zu schätzen ....". Die Gesellschafter ermittelten einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 5.946,16 DM.
Die Klägerin erstellte zum 1.1.1986 eine Eröffnungsbilanz für ihr Einzelunternehmen. Darin setzte sie die Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert an und aktivierte zusätzlich einen Firmenwert in Höhe von 10.000 DM. Bei der Gewinnermittlung für das Streitjahr 1989 legte die Klägerin den Absetzungen für Abnutzung diese Werte als Bemessungsgrundlage zugrunde.
Nach einer Außenprüfung kam das FA zu der Auffassung, die Eröffnungsbilanz zum 1.1.1986 sei insoweit fehlerhaft, als für den Anteil der Klägerin die Buchwerte fortzuführen seien. Das FA änderte die Bilanzansätze und die AfA-Beträge. Die geänderten AfA-Beträge führten im Jahr 1989 zu einer Gewinnerhöhung von 2.420 DM. Die Klage blieb vor dem FG erfolglos. Der BFH wies den Rechtsstreit an das FG zurück.
Entscheidung
Zu Unrecht habe das FG angenommen, eine Personengesellschaft könne ihren Gewerbebetrieb nicht an einen ihrer Gesellschafter veräußern. Die Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem ehemaligen Mitgesellschafter sei jedoch nicht eindeutig. Ihr lasse sich nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen, ob die Klägerin lediglich den Mitunternehmeranteil des Mitgesellschafters oder von der Gesellschaft den gesamten Gewerbebetrieb erworben habe. Sie lasse beide Deutungen zu. Maßgeblich sei in diesem Fall, was die Beteiligten tatsächlich vereinbart und durchgeführt hätten.
Zu Recht habe allerdings das FG die Grundsätze der Realteilung nicht angewendet, denn der ehemalige Mitgesellschafter habe kein Betriebsvermögen übernommen, sondern sei mit Geld abgefunden worden. Daran ändere auch nichts, dass die Klägerin und der ehemalige Mitgesellschafter einen weiteren Friseursalon gemeinschaftlich betrieben, den sie in vergleichbarer Weise auf den Mitgesellschafter übertragen hätten.
Hinweis
Der handelsrechtlichen Selbstständigkeit der Personengesellschaft wird auch einkommensteuerrechtlich insoweit Rechnung getragen, als ihr hinsichtlich der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter eine eigene Rechtszuständigkeit zugebilligt wird. Nach ständiger Rechtsprechung kann daher eine Personengesellschaft auch Wirtschaftsgüter ihres Betriebsvermögens an einen ihrer Gesellschafter verkaufen. Entspricht das Geschäft drittüblichen Bedingungen, wird es nicht als anteilige Entnahme gewertet, sondern insgesamt als Veräußerung.
Das FA und das FG hatten angenommen, eine Personengesellschaft könne aus Rechtsgründen ihren Gewerbebetrieb nicht an einen ihrer Gesellschafter verkaufen. Denn niemand könne erwerben, was ihm bereits gehöre. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Es besteht kein Grund für die Veräußerung des gesamten Betriebs andere Grundsätze anzuwenden als für die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter.
Scheidet ein Gesellschafter aus und will der einzige verbleibende Gesellschafter das Unternehmen fortführen, können die Beteiligten wählen, ob der verbleibende Gesellschafter den Gewerbebetrieb von der Gesellschaft insgesamt erwirbt oder von dem ausscheidenden Mitunternehmer dessen Anteil an der Personengesellschaft. Ist keine eindeutige vertragliche Gestaltung vorhanden, ist maßgeblich, wie der Vorgang tatsächlich und buchhalterisch abgewickelt wurde. Im Zweifel trägt derjenige Beteiligte die Beweislast, der sich auf die für ihn günstigere Regelung beruft. Allerdings hat die Veräußerung des gesamten Gewerbebetriebs durch die Gesellschaft an einen ihrer Gesellschafter an Attraktivität verloren, weil seit dem Veranlagungszeitraum 1994 der Veräußerungsgewinn, soweit er auf den erwerbenden Gesellschafter entfällt, als laufender Gewinn gilt (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG).
Setzen sich Gesellschafter personenidentischer Personengesellschaften dergestalt auseinander, dass jeweils ein Gesellschafter einen Betrieb übernimmt und als Einzelunternehmen fortführt, wobei ggf. demjenigen Gesellschafter, der weniger an Wert erhält, ein Ausgleich in Geld zu zahlen ist, sind die Grundsätze der Realteilung nicht anzuwen...