Der objektive Tatbestand der Hinterziehung ist hier unproblematisch durch die Abgabe der unvollständigen Erklärung für die ESt 2013 durch den Sohn erfüllt. Der Rechtsstreit drehte sich im Kern um die Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandes.

Keine Schuld des Sohnes: Ein schuldhaftes Handeln des Sohnes (subjektiver Tatbestand) der Hinterziehung in Form von Leichtfertigkeit oder Vorsatz) scheidet hier allerdings aus, weil er seinem Steuerberater sämtliche notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt hat und auf dessen Beratung vertraute und vertrauen durfte. So scheidet nach der BFH-Rechtsprechung ein Verschulden des Mandanten aus, wenn dieser seinem Berater alle Informationen zur Verfügung stellte und auf die Tätigkeit seines Beraters vertrauen durfte und vertraut hat (BFH v. 29.10.2013 – VIII R 27/10, BStBl. II 2014, 295 = AO-StB 2014, 36). Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt.

Informationspflicht erfüllt: Die Besteuerungsgrundlagen befanden sich seit 2013 (Beratungsgespräch betreffend die Anteilstransaktion) in den Unterlagen des Steuerberaters. Dem Berater waren vor Abgabe der Einkommensteuererklärung des Sohnes für das Jahr 2013 die Umstände des Anteilstausches zwischen dem Sohn und Mutter, die zugrunde liegenden Planungen für eine vertragliche Gestaltung des Anteilstausches und damit der vorweggenommenen Erbfolge und die notariell beurkundete Vereinbarung einer entsprechenden Vertragsgestaltung bekannt. Somit waren dem Berater alle relevanten Umstände für eine zutreffende einkommensteuerliche Beurteilung bekannt.

Beraterhinweis Sollte in der Praxis streitig sein, ob dem Berater alle Informationen zur Verfügung standen, so kann diesbezüglich ein Beweisantrag gestellt werden. Hierzu kann die Vernehmung des Beraters als Zeuge beantragt werden zum Beweis der Tatsachen, dass z.B. dieser Berater seit vielen Jahren die steuerliche Vertrauensperson war und dass dem Berater vor Abgabe der Steuererklärung alle Informationen z.B. in Gestalt von bestimmten Unterlagen zur Verfügung gestellt worden sind. Der Berater muss dann als Zeuge von seiner Verschwiegenheit entbunden werden.

Vertrauen auf Beratung: Der Sohn durfte auf die Beratung im Jahr 2013 vertrauen und hat auch auf diese Beratung vertraut. Der Berater war für den Sohn seit vielen Jahren eine kompetente Vertrauensperson, auf die er vertraute und er durfte auch in diesem Fall auf die Beratung vertrauen. Evidente Anhaltspunkte für ein fehlerhaftes Verhalten des Beraters hatte der Sohn nicht, da die Beratung aus seiner Sicht gewissenhaft durch Gespräche der Familie mit dem Berater und mittels Vorlage sämtlicher Informationen vorbereitet wurde. Auch aus der beruflichen Position des Sohnes ergibt sich keineswegs zwangsläufig, dass der Sohn die einkommensteuerliche Folge hätte erkennen können. Denn der Sohn ist nicht kaufmännischer Geschäftsführer, sondern der technische Geschäftsführer der Familienunternehmens. Der Sohn hat auch tatsächlich nicht an der Ordnungsmäßigkeit der Beratungstätigkeit gezweifelt. Im FG-Verfahren konnte der Berater als Zeuge dafür benannt werden,

  • dass die Familie zu keinem Zeitpunkt (zweifelnd) die einkommensteuerliche Seite des Anteilstausches angesprochen hat und die einkommensteuerliche Beurteilung auch nicht in Gesprächen im Rahmen der Regelung der vorweggenommenen Erbfolge von einer Seite angesprochen worden ist;
  • dass der Sohn die Gebührenrechnung des Beraters für den Entwurf seiner Nacherklärung nicht zahlte und hierdurch seine Enttäuschung über die ursprüngliche Schlechtleistung zum Ausdruck brachte.

Keine Schuldzurechnung: Selbst wenn man das Verhalten des Beraters als nicht nur einfach fahrlässig, sondern leichtfertig werten würde, so wäre dieses Verschulden nicht dem Sohn zurechenbar. Das leichtfertige Handeln des Steuerberaters und dessen Fachangestellten darf seinem Mandanten weder nach straf- oder bußgeldrechtlichen noch nach steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden (BFH v. 29.10.2013 – VIII R 27/10, Rz. 34, AO-StB 2014, 36). Zusammenfassend ist daher keine Hinterziehung durch den Sohn feststellbar.

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