FinBeh Berlin, Erlaß v. 28.3.2003, III A 12 - S 2253a - 3/97

Anwendung des BFH-Urteil vom 26.2.2002, IX R 20/98, BStBl 2002 II S. 796

Bezug: Schreiben vom 21.2.2003, III A 12 – S 2253a – 3/97

Nach den BFH-Urteilen vom 8.5.2001, BStBl 2001 II S. 720 und vom 28.6.2001, BStBl 2001 II S. 717 werden alle Aufwendungen, die von Anlegern eines geschlossenen Immobilien-Fonds geleistet werden, als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt, wenn dem Beitritt des einzelnen Anlegers zum Fonds ein einheitliches auf einem Gesamtplan beruhendes Vertragskonzept zugrunde liegt und der Anleger daher tatsächlich – nicht nur theoretisch – weder die Vertragsgestaltung noch den Herstellungsprozess wesentlich beeinflussen kann. Das bedeutet, dass modellbedingte Aufwendungen, die (nach bisheriger Auffassung) im Rahmen der Regelungen des BMF-Schreibens vom 31.8.1990 ( sog. 4. Bauherrenerlass) sofort abzugsfähig sind, nunmehr Anschaffungskosten darstellen. Diese Tatbestandsmerkmale gelten nicht nur für Immobilienfonds, sondern für alle Bereiche geschlossener Fonds und unabhängig davon, in welcher Einkunftsart der geschlossene Fonds sein steuerliches Ergebnis ermittelt.

Zu den Anschaffungskosten der Fondsgesellschafter gehören somit auch die Eigenkapitalvermittlungsprovision sowie andere im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts vereinbarte Provisionen oder „Gebühren” für in gesonderten Verträgen vereinbarte Dienstleistungen.

Soweit die Anwendung dieser Grundsätze zu einer Verschärfung der Besteuerung gegenüber der bisherigen Verwaltungspraxis führt, sind die Urteilsgrundsätze nicht anzuwenden, wenn der Außenvertrieb der Fondsanteile vor dem 1.9.2002 begonnen hat und der Steuerpflichtige dem Fonds vor dem 1.1.2004 beitritt (vgl. BMF-Schreiben vom 29.11.2002, BStBl 2002l S. 1388).

Provisionsnachlässe, die der Eigenkapitalvermittler Fonds-Gesellschaftern gewährt und die keine besonderen, über die Beteiligung am geschlossenen Fonds hinausgehenden Leistungen der Fonds-Gesellschafter abgelten, mindern nach dem BFH-Urteil vom 26.2.2002, IX R 20/98, BStBl 2002 II S. 796 die Anschaffungskosten (der Immobilie) i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB. Für die steuerrechtliche Qualifizierung der Rückflüsse kommt es nicht darauf an, ob das FA die betreffenden Provisionen als Anschaffungskosten behandelt oder als Werbungskosten abgezogen hat.

Es treten vermehrt Fälle auf, in denen im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Einkommensbesteuerung (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) die Eigenkapitalvermittlungsprovision unter Hinweis auf die o.a. Übergangsregelung vom 29.11. 2002 – z.B. nach den Regelungen des 4. Bauherrenerlasses – als sofort abzugsfähige Werbungskosten oder Betriebsausgaben erklärt werden, andererseits aber Provisionsnachlässe einzelner Gesellschafter unter Hinweis auf das o.a. BFH-Urteil vom 26.2.2002 als Anschaffungskostenminderung behandelt werden sollen.

Es wird gebeten, die Finanzämter des Geschäftsbereichs anzuweisen, in diesen Fällen wie folgt zu verfahren:

Besteht der Anleger für seine Provisionsrückflüsse auf einer Anwendung des o.a. BFH-Urteil vom 26.2.2002, bringt er damit zum Ausdruck, dass er die eingangs zitierte Rechtsprechung des BFH zur Erwerbereigenschaft des Fonds (Anschaffungskosten) angewendet wissen will. Einem solchen Antrag ist zu entsprechen. In diesen Fällen gilt dann die Übergangsregelung vom 29.11.2002 – zumindest im Hinblick auf die Eigenkapitalvermittlungsprovision – nicht. Dies bedeutet, dass die Eigenkapitalvermittlungsprovision, soweit sie auf den betroffenen Anleger entfällt, (bis zur vollen Anwendung der BFH-Rechtsprechung durch dies regelnde Verwaltungsanweisungen) in vollem Umfang wie Anschaffungskosten der Fondsgesellschaft zu aktivieren ist, unabhängig davon, ob die Fondsgesellschaft nach bisherigen Grundsätzen als „Anschaffer” oder „Hersteller” anzusehen ist. Insoweit entfällt der sofortige Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug, z.B. It. Tz. 7.1 des 4. Bauherrenerlasses, für diesen Anleger.

Beantragt der Anleger für die ihm gewährten Preisnachlässe die Behandlung als Anschaffungskostenminderung erst im Einspruchsverfahren, ergibt sich auf Gesellschaftsebene die oben beschriebene Folgeänderung aus § 174 Abs. 4 AO. Da finanzgerichtlich bisher nicht geklärt ist, ob für eine Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO in diesem Fall die Voraussetzungen des § 174 Abs. 5 AO gegeben sein müssen, ist die Fondsgesellschaft vorsorglich zum Verfahren hinzuzuziehen (§ 360 Abs. 1 AO). Die Hinzuziehungs- und die Änderungsabsicht sind dem Antragsteller in sinngemäßer Anwendung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO mitzuteilen, und es ist ihm mit angemessener Frist Gelegenheit zu geben, seinen Einspruch zu überdenken.

Entsprechendes gilt für das finanzgerichtliche Verfahren mit der Maßgabe, dass in diesen Fällen das FA vorsorglich den Antrag auf Beiladung der Fondsgesellschaft (§ 60 Abs. 1 FGO) zu stellen hat.

Nimmt der Anleger seinen Antrag, die Preisnachlässe...

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