Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Hessische FG entschied, dass sich der Ansatz einer privaten Nutzungsentnahme für einen betrieblichen Pkw nicht mit dem bloßen Argument abwenden lässt, dass eine Privatnutzung nicht stattgefunden hat. In seiner Entscheidung wandte das Gericht die Regeln zum sog. Anscheinsbeweis an.
Sachverhalt
Ein selbstständiger Steuerberater setzte für einen betrieblichen Pkw keine private Nutzungsentnahme an; gegenüber dem Finanzamt erklärte er, dass er den Wagen nicht privat genutzt habe. Das Amt ging jedoch von einer privaten (Mit-)Nutzung aus und erhöhte den Gewinn des Steuerberaters daher um einen privaten Nutzungsvorteil, den es nach der 1-%-Regelung ermittelte.
Entscheidung
Das FG entschied, dass das Amt zu Recht eine Nutzungsentnahme angesetzt hatte. Die 1-%-Regelung ist eine grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die grundsätzlich nur durch einen substantiierten Nachweis der privat veranlassten Kosten nach der Fahrtenbuchmethode abgewendet werden kann.
Der Beweis des ersten Anscheins spricht regelmäßig dafür, dass zu privaten Zwecken überlassene Firmenwagen auch tatsächlich privat genutzt werden. Der Steuerpflichtige kann diese Vermutung jedoch durch den Gegenbeweis entkräften bzw. erschüttern. Die bloße Behauptung, dass eine Privatnutzung nicht stattgefunden habe, genügt hierzu jedoch nicht. Auch kann der Steuerpflichtige die pauschale Nutzungsversteuerung nicht mit dem Argument abwenden, dass das Finanzamt das Vorliegen einer Nutzungsentnahme beweisen muss; vielmehr trifft ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht.
Der Steuerberater im Streitfall konnte den Beweis des ersten Anscheins nicht entkräften, da er die Privatnutzung lediglich bestritten hatte. Aus einer vorgelegten Aufstellung über die betrieblichen Fahrten des Vorjahrs ließen sich zudem keine Rückschlüsse auf die private Nutzung des aktuellen Jahrs ziehen. Das FG folgte auch nicht dem Einwand des Beraters, dass er in einem Fahrtenbuch keine Mandantenangaben machen dürfe, da er zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Das Gericht erklärte, dass ein Steuerberater nicht gegen berufsrechtliche oder strafrechtliche Normen verstößt, wenn er Mandantenangaben in einem Fahrtenbuch macht.
Hinweis
Die vorliegende Entscheidung betrifft die private Pkw-Nutzung im Bereich der Gewinneinkünfte; für die private Dienstwagennutzung von Arbeitnehmern hat der Lohnsteuersenat des BFH die Reichweite des Anscheinsbeweises mittlerweile neu definiert (vgl. Urteil v. 21.3.2013, VI R 31/10, BFH/NV 2013 S. 1298). Demnach setzt eine private Nutzungsversteuerung nicht mehr voraus, dass der Arbeitnehmer einen Dienstwagen tatsächlich für private Fahrten nutzt; stattdessen ist ein Nutzungsvorteil bereits dann anzusetzen, wenn ein Dienstwagen lediglich für private Fahrten zur Verfügung steht, sog. vorhandene Nutzungsmöglichkeit.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 03.12.2013, 3 K 1184/11