Ausübung von Wahlrechten: Mithilfe der Angaben in den Zeilen 4 und 5 (s. Abb. unten) können die Veranlagungswahlrechte gem. § 32d Abs. 4 EStG (Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts) und gem. § 32d Abs. 6 EStG (Antrag auf Günstigerprüfung) ausgeübt werden.
Auszug aus der Anlage KAP
Im System der abgeltenden Besteuerung von Kapitalerträgen mit einem einheitlichen Steuersatz stellen die Veranlagungswahlrechte nach § 32d Abs. 4 EStG und nach § 32d Abs. 6 EStG Möglichkeiten dar, entweder beim Steuerabzug nicht berücksichtigte Umstände im Nachgang im Veranlagungsverfahren zu berücksichtigen oder eine niedrigere Besteuerung der Kapitaleinkünfte anhand der tariflichen Steuer nach § 32a EStG herbeizuführen.
a) Überprüfung des Steuereinbehalts lt. Zeile 5 (§ 32d Abs. 4 EStG)
Im Rahmen der Überprüfung des Steuereinbehalts hat der StPfl. die Möglichkeit, für Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, eine Steuerfestsetzung wie sie in § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG vorgesehen ist, zu beantragen. Der Steuersatz wird in diesen Fällen nach § 32d Abs. 1 EStG ermittelt.
Von der Überprüfung des Steuereinbehalts ist die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG abzugrenzen, bei der ein Vergleich des Tarifs nach § 32d Abs. 1 EStG mit der tariflichen Einkommensteuer einschl. Zuschlagsteuern erfolgt. § 32d Abs. 4 EStG findet zur Verrechnung von positiven Einkünften aus Kapitalvermögen mit negativen Einkünften aus anderen Einkunftsarten keine Anwendung. In diesen Fällen ist § 32d Abs. 6 EStG anzuwenden (BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 Rz. 146).
Die Überprüfung des Steuereinbehalts kommt insb. in folgenden Fällen in Betracht:
- Inanspruchnahme eines noch nicht ausgeschöpften Sparer-Pauschbetrags;
- Anrechnung noch nicht angerechneter anrechenbarer ausländischer Quellensteuern;
- Berücksichtigung von Verlusten aus Verlustbescheinigungen nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG;
- Verrechnung von Verlustvorträgen nach § 20 Abs. 6 EStG;
- Korrektur in den Fällen der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 43a Abs. 2 EStG, sofern die beim Steuerabzug angesetzte Bemessungsgrundlage größer ist, als die tatsächlich erzielten Erträge (BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 Rz. 182) oder in den Fällen des § 56 Abs. 3 Satz 4 InvStG;
- Begehren einer höheren Teilfreistellung für bestimmte Investmentanteile gem. § 20 Abs. 4 InvStG;
- Korrektur der im Steuerabzugsverfahren versteuerten Vorabpauschale, in denen die Zwölftelung der Vorabpauschale mangels Kenntnis der vollständigen Anschaffungsdaten auf Seiten der auszahlenden Stellen nicht erfolgt ist;
- Antrag auf Gewährung eines Freibetrags bei Veräußerung bestandsgeschützter Alt-Anteile i.S.d. § 56 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 InvStG.
- Ermäßigung der KapESt um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden KiSt nach § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG.
Das Wahlrecht nach § 32d Abs. 4 EStG ist nicht fristgebunden und kann daher grds. jederzeit ausgeübt werden. Allerdings bleibt zu beachten, dass dem Antrag nur bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids (Ablauf der Einspruchsfrist) entsprochen werden kann oder solange, wie eine Änderung nach den Vorschriften der AO (z.B. nach § 164 Abs. 2 AO) oder den Einzelsteuergesetzen möglich ist. Der Änderungsrahmen nach §§ 177, 351 AO bleibt zu beachten (BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 Rz. 145).
b) Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG lt. Zeile 4
Bei der Günstigerprüfung kann der Stpfl. beantragen, dass anstelle der Anwendung von § 32d Abs. 1, 3 und 4 EStG (Versteuerung der Kapitalerträge mit dem Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG), die nach § 20 EStG ermittelten Einkünfte aus Kapitalvermögen den Einkünften i.S.v. § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden. Dies ist nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG allerdings nur dann möglich, wenn die Einbeziehung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu einer niedrigeren Besteuerung (ESt einschl. Zuschlagsteuern SolZ und ggf. KiSt) führt als die Besteuerung mit dem Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG.
Es handelt sich somit um eine gesetzlich verankerte Billigkeitsregelung (s.a. BFH v. 28.1.2015 – VIII R 13/13, BStBl. II 2015, 393). Die Anrechnung ausländischer Quellensteuer ist unter den Voraussetzungen von § 32d Abs. 5 EStG möglich und richtet sich in diesen Fällen trotz der Besteuerung mit der tariflichen Einkommensteuer nicht nach § 34c EStG. Der Antrag nach § 32d Abs. 6 EStG kann nur für sämtliche inländische und ausländische Kapitalerträge gestellt werden und erfordert somit eine umfassende Deklaration. Bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern kann der Antrag nur für sämtliche Kapitalerträge beider Ehegatten/Lebenspartner gestellt werden.
Beraterhinweis Nicht ausgeglichene Verluste bei inländischen Kreditinstituten können im Fall der Günstigerprüfung trotz der umfassenden Erklärungspflicht nur unter Vorlage der Verlustbescheinigung nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG berücksichtigt werden.
Erstmalige Erfüllung der Voraussetzungen der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG nach Eintritt der Bestandskraft: Der BFH hat mit dem im BStBl. veröffentlichten Urteil v. 14.7.2020 (BFH v. 14.7.2020 – VIII R 6/17, BStBl. II 2021, 92 = ErbStB 2021, 36 [An...