Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Ein Chefarzt erzielt auch durch seine Privatliquidationen Arbeitslohn, wenn sich sein Liquidationsrecht aus seinem Arbeitsvertrag ableitet und er in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden ist.
Sachverhalt
Das FG Münster hatte darüber zu entscheiden, ob die Einnahmen eines Chefarztes aus Privatliquidationen Arbeitslohn darstellen. Der Kläger ist angestellter Chefarzt und liquidiert für stationär erbrachte wahlärztliche Leistungen. Als Chefarzt ist er in seiner ärztlichen Tätigkeit zwar grundsätzlich unabhängig, untersteht aber der Dienstaufsicht des Krankenhauses. In seinem Dienstvertrag ist die gesonderte Berechnung ärztlicher Leistungen geregelt. Hiernach besteht sein Liquidationsrecht für ärztliche Leistungen bei den Patienten, die eine persönliche Behandlung ausdrücklich gewählt haben.
Entscheidung
Das FG Münster hat entschieden, dass diese Einnahmen des Klägers aus der Erbringung der stationären wahlärztlichen Leistungen Arbeitslohn sind. Dies ergebe sich aufgrund einer Wertung der Gesamtumstände des konkreten Falles hinsichtlich der wahlärztlichen Leistungen eines Chefarztes, erklärten die Richter.
Der Kläger erbringt die wahlärztlichen Leistungen im Rahmen einer nichtselbstständigen Tätigkeit, da diese Leistungen Teil seines Dienstverhältnisses sind. Auch insoweit liegt eine Entlohnung aus einem Arbeitsverhältnis und damit Arbeitslohn vor. Dafür, dass die stationären wählärztlichen Leistungen des Klägers im Rahmen des Dienstverhältnisses erfolgen, sprechen bei Abwägung und Gewichtung der einzelnen Merkmale folgende Gesichtspunkte:
- Das Liquidationsrecht wird dem Kläger aufgrund des Dienstvertrags erst ermöglicht.
- Der Kläger ist bei der Erbringung seiner Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden.
- Es fehlt erkennbar an Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko des Klägers in Bezug auf die stationären wahlärztlichen Leistungen. Ein Unternehmerrisiko ist schon deshalb nicht erkennbar, weil es zu keinen nennenswerten Ausfällen der Liquidationserlöse in der Vergangenheit gekommen ist.
Hinweis
Selbst wenn man davon ausginge, dass hier durch den Zusatzvertrag, der zwischen dem Chefarzt und dem jeweiligen Patienten vereinbart wurde, besondere Dienstleistungen in Rechnung gestellt würden, fußen alle diese Dienstleistungen in erster Linie und in prägender Weise auf dem Dienstvertrag des Chefarztes mit der Klinik und damit auf dem Arbeitsverhältnis. Dies ist Folge des sog. totalen Krankenhausaufnahmevertrags mit zusätzlichem Wahlleistungsvertrag.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 07.06.2011, 1 K 3800/09 L