Unternehmensstrategien
Die überwiegende Mehrheit explizit formulierter Unternehmensstrategien hat eines gemeinsam: Als Ziel wird das Wachstum des Unternehmens festgelegt, das sich i. d. R. über eine Steigerung des Umsatzes definiert. Idealerweise sind solche Wachstumsstrategien mit der Nebenbedingung des profitablen Wachstums verknüpft, auf welche Weise auch immer die Profitabilität gemessen wird. So formuliert z. B. der DAX-Konzern Lufthansa: "Chancen für profitables Wachstum … nutzen".
1.1 Produkt-Markt-Matrix
Spezifizieren von Wachstumsfeldern
Doch alleiniges Postulieren führt noch nicht zum Wachstum – es sollte auch spezifiziert werden, wo und womit man das Wachstum erzielen will. Die Unternehmen müssen dabei in der Praxis fernab von Pressemitteilungen noch deutlich konkreter werden, um die operative Umsetzung von Wachstumsstrategien zu ermöglichen – sowohl "international" als auch "Zukunftsmarkt" sind sehr dehnbare Begriffe. Ein Instrument zur Spezifikation strategischer Wachstumsfelder ist Ansoffs Produkt-Markt-Matrix (s. Abb. 1):
Abb. 1: Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff
Dabei werden Wachstumsstrategien in Form von Produkt-Markt-Kombinationen formuliert, wobei 4 Fälle zu unterscheiden sind:
- Marktdurchdringung: Das Unternehmen strebt an, in einem bestehenden Markt zu wachsen, indem es den Marktanteil bereits bestehender Produkte erhöht. Dies kann durch die Erhöhung des Absatzes bei bestehenden Kunden, den Verkauf der Produkte an neue Kunden in bestehenden Märkten, die Gewinnung von Kunden, die vorher bei der Konkurrenz gekauft haben, oder eine Kombination aus diesen Möglichkeiten geschehen.
- Produktentwicklung: Das Unternehmen versucht, die Bedürfnisse seines bestehenden Marktes mit komplett neuen Produkten (Innovationen) oder durch die Entwicklung zusätzlicher Produktlinien, -varianten oder neuer Produktgenerationen zu befriedigen.
- Marktentwicklung: Das Unternehmen versucht, die Zielgruppe für bereits bestehende Produkte durch Erschließung neuer Marktsegmente (kundenbezogen) oder neuer geografischer Regionen (regional, national, international) zu vergrößern. Auch der Einsatz neuer Distributionskanäle oder neue Verwendungszwecke bestehender Produkte fallen in diesen Bereich.
- Diversifikation: Die Produktdiversifikation ist die risikoreichste der 4 betrachteten Wachstumsstrategien: Sie erfordert nicht nur die Entwicklung eines neuen Produkts, sondern gleichzeitig die Erschließung neuer Märkte. Abhängig vom Grad der Risikobereitschaft kann man 3 Typen der Diversifikationsstruktur unterscheiden: horizontale, vertikale und laterale Diversifikation.
Diese von Ansoff beschriebenen strategischen Stoßrichtungen schließen sich natürlich nicht gegenseitig aus – so kann ein Unternehmen eine Marktdurchdringungsstrategie in bestehenden Märkten verfolgen, während zeitgleich in neuen geografischen Märkten eine Marktentwicklungsstrategie verfolgt wird.
1.2 BCG-Matrix
Wachstumsstrategie Produktentwicklung
Dieser Beitrag betrachtet das Wachstum durch Neuprodukte (Produktentwicklung und Diversifikation) näher. Dabei stellt sich zunächst die Frage, für welche Unternehmen diese Art von Wachstumsstrategie besonders wichtig ist. Einen Anhaltspunkt dafür gibt die Produktlebenszyklusbetrachtung, die sich z. B. im bekannten Portfolio der Boston Consulting Group (BCG-Matrix) manifestiert: Unternehmen, deren Produkte einen endlichem Lebenszyklus durchlaufen, müssen ständig für einen "Nachschub" neuer Produkte sorgen, man spricht hier auch von der "Entwicklungspipeline".
Die Zeitachse ist hier stark branchenspezifisch: Während erfolgreiche Medikamente oft über viele Jahrzehnte vermarktet werden (wenn auch nach Ablauf des Patentschutzes von vielen Unternehmen), ist es in vielen Bereichen der Softwarebranche üblich, im Halbjahres- oder Jahresrhythmus neue Versionen ("Releases") auf den Markt zu bringen.
BCG-Matrix
In der BCG-Matrix (s. Abb. 2) sind diese neu entwickelten Produkte die Fragezeichen, von denen immer genug nachkommen müssen, was i. d. R. durch eigene Produktentwicklung geschieht, aber alternativ auch durch Einlizenzierung oder eine Unternehmensübernahme erfolgen kann. Nur wenn Produkte einen sehr langen oder praktisch unbegrenzten Produktlebenszyklus haben (z. B. Grundnahrungsmittel oder Rohstoffe), spielt die Produktentwicklung eine untergeordnete Rolle. Doch wie kann eine auf Produktentwicklung ausgerichtete Wachstumsstrategie wirksam umgesetzt und gesteuert werden?
Abb. 2: BCG-Matrix und Produktlebenszyklus