Prof. Dr. Dr. Carl-Christian Freidank
Rz. 30
Abschlussprüfer (Prüfungssubjekte) einer mittelgroßen oder großen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer AG oder KGaA können nur Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein, wenn sie über einen Auszug aus dem Berufsregister verfügen. Ähnliches gilt für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und prüfungspflichtige Unternehmen nach PublG. Sofern Kreditinstitute einem Genossenschaftsverband angehören (z. B. Raiffeisenbanken), ist die Prüfung abweichend von § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB von dem betreffenden Prüfungsverband durchzuführen, allerdings müssen dann mehr als die Hälfte der geschäftsführenden Mitglieder des Vorstands dieses Prüfungsverbands Wirtschaftsprüfer sein.
Rz. 31
Lediglich mittelgroße Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der GmbH oder der mittelgroßen "kapitalistischen" Personenhandelsgesellschaft können ihre Jahresabschlüsse bzw. Einzelabschlüsse und Lageberichte auch von vereidigten Buchprüfern und Buchprüfungsgesellschaften prüfen lassen. Dies ist Ausfluss des Prinzips der Besitzstandswahrung für Steuerberater und Fachanwälte für Steuerrecht, die vor den jeweiligen Gesetzesreformen in großen Bereichen die genannten Unternehmensformen freiwillig geprüft hatten.
Rz. 32
Zur Sicherung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers enthält das Gesetz in § 319 Abs. 2–4 HGB, § 319a Abs. 1 HGB und § 319b Abs. 1 HGB einen Katalog von Tatbeständen, bei deren Vorliegen unwiderlegbar vermutet wird, dass Besorgnis der Befangenheit besteht und damit sowohl ein Wirtschaftsprüfer als auch ein vereidigter Buchprüfer nicht Abschlussprüfer sein dürfen. Wird etwa ein Prüfer von der Haupt-, Gesellschafterversammlung, vom Einzelkaufmann, Aufsichtsrat oder von den gesetzlichen Vertretern gewählt bzw. bestellt, der entweder die Qualifikation und die Voraussetzungen nach § 319 Abs. 1 HGB nicht erfüllt oder nach § 316a HGB bzw. § 319 Abs. 2–4 HGB oder § 319b Abs. 1 HGB von der Prüfung wegen Befangenheit ausgeschlossen wäre, so sind die betreffenden Beschlüsse bzw. Bestellungen unheilbar nichtig, da es sich bei den §§ 319 ff. HGB um Vorschriften handelt, die im öffentlichen Interesse erlassen wurden.
Rz. 33
Wurde die Prüfung bereits abgeschlossen, so ist ein festgestellter Jahresabschluss gem. § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG aber nicht nichtig und der auf dieser Grundlage festgestellte Abschluss weiterhin gültig, wenn Befangenheitsgründe nach § 319 Abs. 2–4 HGB, § 319b Abs. 1 HGB oder Verordnung EU Nr. 537/2014 vorliegen. Aus der Entstehungsgeschichte und auch aus dem Wortlaut des § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG bzw. § 10 Nr. 2 PublG ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber die Nichtigkeitsfolgen auf § 319 Abs. 1 HGB beschränken wollte, während sich ein Verstoß gegen § 319 Abs. 2–4 HGB, bzw. § 319b Abs. 1 HGB oder die Verordnung EU Nr. 537/2014 nicht zu Lasten des geprüften Unternehmens durch Anordnung der Nichtigkeit auswirken sollte. Die Nichtigkeit des Abschlusses infolge einer Prüfung ohne Legitimation ist jedoch nach § 256 Abs. 6 AktG bzw. § 10 Satz 2 PublG heilbar, wenn nicht innerhalb von 6 Monaten nach Bekanntmachung des Jahresabschlusses im elektronischen Bundesanzeiger Einspruch erhoben wurde.