Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Flexible Arbeitszeitmodelle werden immer häufiger. Gerade, weil die Gestaltung der Arbeitszeit einen so großen Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die soziale Lebensgestaltung der Beschäftigten hat, müssen deren Interessen bei der Erstellung von Arbeitszeitmodellen und -plänen berücksichtigt werden. Selbstverständlich muss die Arbeitszeitgestaltung auch den Notwendigkeiten des Unternehmens gerecht werden. Mit innovativen und vor allem flexiblen Arbeitszeitmodellen können die Bedürfnisse beider Seiten einbezogen werden. Die rechtliche Grundlage ist dabei das Arbeitszeitgesetz, dessen Ziel es ausdrücklich ist, die Voraussetzungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern.
Grundlegende Regelungen des Arbeitszeitgesetzes:
- Die werktägliche Arbeitszeit soll im Regelfall höchstens 8 Stunden betragen.
- Ausdehnungen auf bis zu 10 Stunden sind möglich, wenn innerhalb eines Zeitraums von bis zu 6 Monaten oder 24 Wochen im Tagesdurchschnitt 8 Stunden und im Wochendurchschnitt 48 Stunden nicht überschritten werden.
- Wöchentlich ist eine Arbeitszeit von 60 Stunden erlaubt, wenn der vorgeschriebene Zeitausgleich erfolgt (vorausgesetzt, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung legen nichts anderes fest).
- Bei Nachtarbeit dürfen 8 Stunden nur überschritten werden, wenn die Verlängerung auf bis zu 10 Stunden pro Tag innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von 4 Wochen auf durchschnittlich 8 Stunden ausgeglichen wird.
- Die Verteilung der werktäglichen Arbeitszeit ist nicht eingeschränkt.
Flexible Arbeitszeiten können ständig an den betrieblichen Bedarf und/oder an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden. Ob diese ständige Anpassung auch wirklich in die Tat umgesetzt wird, ist für die Definition flexibler Arbeitszeit nicht von Bedeutung, es geht vielmehr um die Möglichkeit zur freien Gestaltung. Wenn Mitarbeiter bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten angemessen beteiligt werden, führt das zu mehr Arbeitszufriedenheit, Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Produktivität. Flexible Arbeitszeiten haben verschiedene Vorteile:
- Mehr Arbeitsplatzsicherheit: Unternehmen können auf Auftragsschwankungen besser reagieren und müssen bei verringerter Auftragslage nicht gleich Mitarbeiter entlassen.
- Mehr Wettbewerbsfähigkeit: Längere Betriebs- oder Maschinenlaufzeiten werden möglich.
- Höhere Arbeitsplatzattraktivität: Für qualifizierte Arbeitskräfte ist eine Zeitsouveränität sehr attraktiv, genauso wie weitreichende Autonomie und große Handlungsspielräume.
- Mehr Motivation: Beschäftigte, die eigenverantwortlich die Dauer und Verteilung ihrer Arbeitszeit mitbestimmen können, sind motivierter und produktiver.
- Mehr Lebensqualität: Die Work-Life-Balance bleibt ausgeglichen, weil bei der Arbeitszeitverteilung auch private und soziale Interessen berücksichtigt werden können. Damit steigen Lebensqualität und -zufriedenheit. Dies ist die Grundlage für psychische und körperliche Gesundheit.
Es ist zwar bekannt, dass besonders Schicht- und Nachtarbeit gesundheitliche Störungen auch im psychovegetativen Bereich verursachen. Zu der Frage, inwieweit flexible Arbeitszeiten die Gesundheit beeinflussen, liegen jedoch noch kaum wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Schädlich sind immer Arbeitszeiten, die vom normalen sozialen Leben abweichen oder der eigenen biologischen Leistungskurve entgegenlaufen. Gerade bei der flexiblen Arbeitszeit ist auch die Gefahr gegeben, dass die Arbeit dann geleistet wird, wenn besonders viel zu tun ist, damit also auch der Arbeitsdruck höher wird. Damit wird dann mehr geleistet, ohne dass dies mit einem erhöhten Freizeitausgleich wiedergutgemacht werden kann. Flexible Arbeitszeiten können – wenn sie nicht an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientiert sind – zu Schlafstörungen, Verdauungsproblemen und sozialem Außenseiterdasein führen.
Wichtige Elemente für die Work-Life-Balance der Beschäftigten sind die Dauer, Lage und Planbarkeit der Arbeitszeit. Wenn z. B. die flexible Arbeitszeit bedeutet, dass eine Krankenschwester immer wieder an ihrem freien Wochenende angerufen wird, um kurzfristig einzuspringen, beeinträchtigt das die Work-Life-Balance deutlich. Wenn Freizeit nicht wirklich planbar ist, wird sie damit entwertet. Als sozial wertvolle Zeiten gelten die Abende und das Wochenende bzw. die Feiertage.
Bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit müssen also 3 Aspekte geregelt werden:
- Dauer der Arbeit: Sie ist im jeweiligen Tarif- bzw. im individuellen Arbeitsvertrag vereinbart. Bei Teilzeitmodellen oder der Altersteilzeit kann die Arbeitszeitdauer flexibel gestaltet werden.
- Lage der Arbeitszeit: Sie wird bestimmt durch Beginn und Ende der Arbeitszeit. Sie kann pro Tag, Woche, Monat oder Jahr festgelegt werden. Mögliche Modelle: Gleitzeit, Funktionszeit, Jahresarbeitszeit, Vertrauensarbeitszeit.
- Verteilung der Arbeitszeit: Die Lage und Dauer bestimmen die Verteilung der Arbeitszeit. Die Verteilung kann gleichmäßig oder ungleichmäßig ausfallen, über Wochentage, Monate oder Jahre, sodass dann im Durchschnitt die ve...