1. W&I-Versicherung
Immer häufiger – auch bei Mittelstandstransaktionen (üblicherweise ab einem Kaufpreis von 10 Mio. EUR) – zu sehen ist der Abschluss einer Warranty und Indemnity-Versicherung (W&I), was typischerweise durch den Käufer erfolgt.
Versicherungsschutz: Versichert werden über die W & I Ansprüche aus der Verletzung von Garantien und der Steuerfreistellung im Kaufvertrag. Beachten Sie: Ansprüche wegen Garantieverletzung macht der Käufer direkt gegenüber dem Versicherer geltend; der Verkäufer hat einen sog. "Clean-Exit", muss also nach Vollzug der Transaktion, wenn er sich redlich verhalten hat (kein arglistiges Verschweigen von Mängeln des Unternehmens), nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen.
Beraterhinweis Im Idealfall wird der Garantiekatalog aus dem Kaufvertrag vollständig in der Versicherungspolice gespiegelt.
Wesentlich für den Versicherungsschutz ist die Due Diligence. Der Due Diligence-Bericht des Käufers (sowie – soweit vorhanden – das durch den Verkäufer erstellte Legal Factbook) wird mit dem Broker und Versicherer geteilt. Beachten Sie: Themenbereiche, die nicht Gegenstand der Due Diligence waren, sind grundsätzlich nicht versicherbar. Ferner nicht versichert (bzw. nur gegen Aufpreis) sind i.R.d. Due Diligence aufgedeckte (potentiell schadensstiftende) Sachverhalte, so dass der Versicherungsschutz nur für unbekannte Sachverhalte greift.
Aus Käufersicht empfiehlt es sich also,
- frühzeitig Überlegungen zu den besonders relevanten Garantiebereichen anzustellen,
- diese i.R.d. Due Diligence ausführlich zu beleuchten und
- den Due Diligence-Prozess und Bericht sowie den Garantiekatalog aus dem Kaufvertrag mit dem Broker/Versicherer abzustimmen.
2. ESG
Die gesetzlichen Regelungen zu ESG (Environmental, Social, Governance) mehren sich. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU‘s) sind am ehesten betroffen vom
- Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) (Aufgriffsschwelle ab dem Geschäftsjahr 2025: >250 Mitarbeiter und 20 Mio. EUR Umsatz oder 40 Mio. EUR Bilanzsumme) sowie dem
- Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (gegenwärtig noch >1.000 Mitarbeiter; Anwendungsbereich wird mutmaßlich erweitert).
a) Pflichten
Aus der CSRD folgt die Pflicht, in einem ESG-Reporting offenzulegen, wie sich ihre Aktivitäten auswirken auf
- die Umwelt,
- die Gesellschaft und
- die Mitarbeiter.
Dazu gehören z.B. Aspekte wie der Energieverbrauch, der CO2-Ausstoß, die Einhaltung der Menschenrechte, die Arbeitsbedingungen oder Fragen der Unternehmensethik.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz besteht die Pflicht zur Minimierung menschenrechtlicher und umweltbezogener Risiken innerhalb internationaler Lieferketten.
b) Folgen für Mittelstandstransaktionen
Auch wenn KMU’s im Einzelfall noch nicht den vorgenannten Regelungen unterfallen und somit keine gesetzliche Reporting-Verpflichtung besteht, bedeutet dies nicht, dass diese Unternehmen keinen entsprechenden Aufwand unternehmen müssen. Vielmehr sehen sich auch KMU’s mit vergleichbaren Anforderungen von Banken oder Kundenseite konfrontiert.
Zunehmende Bedeutung i.R.d. Due Diligence: Vor diesem Hintergrund nehmen auch ESG-Themen einen zunehmend prominenten Raum i.R.d. Due Diligence bei Mittelstandstransaktionen ein. Ein Marktstandard für die Prüfung sowie für die Abbildung von ESG-Themen in der Kaufvertragsdokumentation hat sich hier noch nicht gebildet. Es erfolgt vielmehr eine Annäherung im Einzelfall je nach Branche. Üblicherweise wird mit auf das jeweilige Zielunternehmen individualisierten Checklisten gearbeitet und insbesondere das Vorhandensein von Management- und Kontrollsystemen und Verantwortlichkeiten im Zielunternehmen untersucht.
c) ESG-Themen
Environmental-Prüfung: Gegenstände der Environmental-Prüfung – in Abgrenzung zur üblichen Umwelt Due Diligence – sind das Vorhandensein, die Ausgestaltung sowie die Umsetzung einer Umweltrichtlinie, Berichte zu umweltrelevanten Vorfällen, primäre Energieträger sowie das Abfallbeseitigungssystem.
Social-Prüfung: Die Social-Prüfung – in Abgrenzung zur arbeitsrechtlichen Prüfung – hat regelmäßig zum Gegenstand: Vorhandensein einer Health & Safety Policy, Arbeitsplatzsicherheit, Vorhandensein von Verpflichtungen zur Vielfalt und Integration bei Neueinstellungen, Sicherstellung von Verbraucherschutz, Inklusion, Lieferketten sowie Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes.
Governance-Scope: Typische Prüfungsgegenstände im Governance-Scope – in Abgrenzung zur üblichen gesellschaftsrechtlichen Prüfung – sind: Vorhandensein von Ethik-Kodex/Code of Conduct, Vorschriften/Maßnahmen zur Korruptionsvermeidung, Mitarbeiterschulungen zu den genannten Themen, Unabhängigkeit der Aufsichtsorgane, Risikomanagementsysteme, Funktionalität der IT-Infrastruktur und – bei öffentlichen Aufträgen – Verbindungen zwischen den Entscheidungsträgern im Unternehmen und den staatlichen/behördlichen Akteuren.
3. Arbeitsrecht
(Rest-)Urlaubsansprüche: Aktuelle Spezialthemen aus der arbeitsrechtlichen Due Diligence-Prüfung sind (Rest-)Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer. Laut BAG verfallen und verjähren diese nicht, wenn der Arbeitnehm...