ESG Due Diligence beim Unternehmenskauf

Environmental, Social, Governance (ESG)-Kriterien gewinnen bei Unternehmenstransaktionen zunehmend an Bedeutung, da sie erhebliche Haftungs- und Reputationsrisiken mit sich bringen. Deshalb gehört die Identifizierung ESG-bezogener Chancen und Risiken zum Pflichtprogramm bei Due-Diligence-Prüfungen.

Das Akronym „ESG“ steht für Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) und umfasst die Planung und Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Die konkreten Anforderungen variieren je nach Größe eines Unternehmens, nach Branche und dem regionalen Tätigkeitsschwerpunkt. Bisher werden diese Aspekte im Rahmen einer Legal Due Diligence vor einer Unternehmenstransaktion nur peripher berücksichtigt. Angesichts der drohenden Risiken und der wachsenden Relevanz für Investitions- und Finanzierungsentscheidungen empfiehlt sich, auch ESG-relevante Themen in den Blick zu nehmen.

Was versteht man unter ESG Due Diligence?

Bisher ist eine „ESG Due Diligence“ noch kein Marktstandard, wenn auch etliche ESG-Themen Bestandteil von klassischen Due-Diligence-Prüfungen sind, etwa die Bereiche Umweltschäden, Compliance, Datenschutz und Risiken aus Vertragsbeziehungen. Der Druck, im Vorfeld einer Unternehmenstransaktion Nachhaltigkeitsaspekte des Zielunternehmens zu untersuchen, steigt jedoch: Der gesellschaftliche Druck nimmt genauso zu wie die Erwartungen von Kunden und Mitarbeitern. Immer häufiger sind ESG-Aspekte Gegenstand von Gerichtsverfahren. Auch für die finanzierenden Banken und Finanzinvestoren sind ESG-Aspekte von wachsender Bedeutung.

Soweit schon heute regulatorische Anforderungen existieren, z. B. hinsichtlich Verpackungs- und Emissionsregelungen oder Gleichberechtigungsmechanismen, im Bereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), der EU-Taxonomie sowie der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), sind diese Themen Bestandteil jeder Legal Due-Diligence-Prüfung. Viele Unternehmen „verpflichten“ sich aus Reputationserwägungen, nicht nur die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, sondern sich ergänzend und freiwillig bestimmten Regeln des sog. Soft Law zu unterwerfen. Dazu gehören beispielsweise interne Klimaschutzsorgfaltspflichten in Anlehnung an das Pariser Klimaschutzabkommen vom 12.12.2015 und unter Berücksichtigung der stetigen Zunahme von Klimaschutzklagen von Verbänden und Privatpersonen gegen Unternehmen vor Zivilgerichten. Viele Unternehmen verbieten arbeitsrechtliche Missstände in Einklang mit Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.

Derartige auf Soft Law basierende Erklärungen verpflichten die betroffenen Unternehmen nicht im engeren Sinne; vielmehr entsteht die „Verbindlichkeit“ durch die Erwartungshaltung möglicher Investoren oder Geschäftspartner, deren Enttäuschung in Reputationsschäden und u.U. einer Minderung des Unternehmenswertes resultieren dürfte. Zudem sehen viele Geschäftsführer die Einhaltung von ESG-Kriterien als Chance, sich von Wettbewerbern abzusetzen und eine entsprechende Unternehmenskultur aufzubauen.

Gegenstand einer ESG Due Diligence

Was genau im Rahmen einer ESG Due Diligence zu untersuchen ist, hängt maßgeblich vom Risikoprofil des Zielunternehmens und davon ab, ob die Transaktion ESG-getrieben ist, d. h., ob sie (auch) dazu dient, das ESG-Profil des Investors zu verbessern. Generell sollte die Frage gestellt werden, inwieweit das Unternehmen in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte souverän aufgestellt ist und ob mit staatlichen Sanktionen, Ansehensverlust, weiteren notwendigen Investitionskosten oder Marktanteilsverlusten gerechnet werden muss. Generell empfiehlt es sich, folgende Themenbereiche in den Blick zu nehmen:

Environmental

  • Umweltmanagementsysteme
  • Emissionen/Abfallmanagement/Gefährliche Substanzen
  • Ökosysteme
  • Klimawandelresilienz
  • Ressourcenbeschaffung/-nutzung (Wasser, Rohstoffe)

Social

  • Produktsicherheit/ Product Stewardship
  • Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen
  • Diversität
  • Chancengleichheit
  • Code of Conduct in der Lieferkette
  • Antidiskriminierung Policy

Governance

  • Risikomanagementsysteme
  • Board Struktur und Vergütung
  • Implementierung ESG in die Geschäftsstrategie, z. B. bei der Auswahl von Lieferanten
  • Cyber Security/Datenschutz
  • Antikorruptionspolicy
  • Reporting Standards

Vorteile einer ESG Due Diligence

Wer sich als Verkäufer auf den Verkauf seines Unternehmens vorbereitet, kann mit einer „Vendor ESG Due Diligence“ bereits im Vorfeld die „Braut aufhübschen“ und vermeidet eine mögliche Haftung wegen mangelnder Aufklärung oder späteren Garantieverstößen.

Aus Käufersicht trägt die ESG Due Diligence dazu bei, Risiken von Compliance-Verstößen und Reputationseinbußen zu identifizieren, Finanzierungskosten zu reduzieren und – last but not least – eine persönliche Haftung des handelnden Managements zu vermeiden. Erkenntnisse aus der ESG Due Diligence werden in die Kaufpreisfestsetzung und in den Garantiekatalog einfließen. In manchen Fällen werden sich Freistellungsregelungen aufdrängen – etwa wenn Bußgelder oder der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen drohen; in anderen Fällen mögen sog. Post-Closing-Covenants, also Verpflichtungen, die nach dem Vollzug der Transaktion zu erfüllen sind, angebracht sein. Wenn eine Transaktion dazu dient, das ESG-Profil des kaufenden Unternehmens zu verbessern, können identifizierte Risiken auch Anlass sein, die Transaktion ganz abzusagen.

Fazit

ESG-Kriterien erlangen auf privatwirtschaftlicher und institutioneller Ebene im Rahmen von Unternehmenstransaktionen zunehmend an Relevanz. Erkenntnisse aus der ESG-Prüfung können erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung und die Ausgestaltung des Unternehmenskaufvertrags haben. Um ESG-bezogene Chancen sowie Haftungs- und Reputationsrisiken angemessen zu berücksichtigen, sollte bei jeder Due Diligence-Prüfung – auch – die Risikoexposition des Zielunternehmens unter Berücksichtigung relevanter ESG-Kriterien untersucht werden.