[Ohne Titel]
StB Dipl.-Fw. Karl-Heinz Günther
Gemeinschaftlich erzielte Einkünfte sind unter den Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen. Die dabei zu beachtenden Grundsätze und Besonderheiten hat Jörißen in ihren Beiträgen in AO-StB 2023, 313 und AO-StB 2023, 382 umfassend und ausführlich dargestellt. Sie betreffen die Rechtslage bis zum 31.12.2023.
Mit dem Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) v. 10.8.2021 (BGBl. I 2021, 3436) hat der Gesetzgeber das Recht der GbR mit Wirkung ab dem 1.1.2024 am Leitbild einer auf gewisse Dauer angelegten, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten Personengesellschaft ausgerichtet. Dies hat u.a. auch Auswirkungen auf das steuerliche Verfahrensrecht.
Mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 29.12.2023 (BGBl. I 2023 Nr. 411) wurden nun die erforderlichen MoPeG-Anpassungen auf der verfahrensrechtlichen Ebene aufgrund der ab 1.1.2024 geltenden Unterscheidung zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personengesellschaften vorgenommen. Der nachfolgende Beitrag informiert über die Auswirkungen bei einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünften.
I. Steuerliche Legaldefinition der Personenvereinigung in der AO
Bislang wurde der Begriff der Personenvereinigung weder in der Abgabenordnung noch in den Einzelsteuergesetzen definiert. Dies hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab 1.1.2024 mit § 14a AO nun erstmals bewerkstelligt.
Personenvereinigungen i.S.d. AO und der Steuergesetze sind nach § 14a Abs. 1 AO alle Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit zur Verfolgung eines gesetzlich zulässigen Zwecks. Davon abzugrenzen sind Kapitalgesellschaften sowie eingetragene Vereine (§ 21 BGB) und wirtschaftliche Vereine, denen die Rechtsfähigkeit staatlich verliehen wurde (§ 22 BGB), die rechtsfähig sind und auch Rechtspersönlichkeit besitzen und somit nicht unter § 14a AO fallen.
§ 14a Abs. 2 AO beschäftigt sich in einer beispielhaften Aufzählung mit rechtsfähigen Personenvereinigungen. Dies sind insbesondere
- Vereine ohne Rechtspersönlichkeit (§ 54 BGB),
- rechtsfähige Personengesellschaften einschließlich Gesellschaften (§ 705 BGB), Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen und
- Gemeinschaften der Wohnungseigentümer (§ 9a WEG).
§ 14a Abs. 3 AO enthält eine beispielhafte Aufzählung nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen. Dies sind insbesondere
Nach § 14a Abs. 4 AO sind auf eine nicht rechtsfähige GbR (§ 740 BGB) die für nicht rechtsfähige Personenvereinigungen geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 267 Abs. 1 S. 1 AO sinngemäß anzuwenden.
In Nr. 6 des mit BMF-Schreiben v. 29.12.2023 – IV D 1 - S 0062/23/10005: 001, DOK 2023/1169456 aktualisierten AO-Anwendungserlasses (AEAO) zu § 14a AO wird beschrieben, wann eine nicht rechtsfähige GbR (§ 14a Abs. 4 AO) vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die GbR sich auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander beschränkt und nicht auf eine Teilnahme am Rechtsverkehr mit Dritten gerichtet ist (Innengesellschaft und stille Gesellschaft). Die nicht rechtfähige GbR hat kein Vermögen und keine gesetzliche Vertretung (vgl. § 740 BGB und § 230 Abs. 2 HGB).
II. Gesetzliche Vertretung und Handlungsfähigkeit einer Personenvereinigung im Besteuerungsverfahren
Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung gemeinschaftlich erzielter Einkünfte geht es u.a. auch um die Frage, wer steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hat und somit handlungsfähig und handlungspflichtig ist. Gesetzlich ist dies in den §§ 34 und 78 AO geregelt. Danach haben die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter diese Pflichten zu erfüllen. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 sind juristische Personen, Vereinigungen oder Vermögensmassen durch ihre gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Beauftragte handlungsfähig.
Im Hinblick auf die ab 1.1.2024 bestehende neue Rechtslage wurden §§ 34, 79 AO wie folgt angepasst:
- Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen sowie rechtsfähiger Personenvereinigungen und die Geschäftsführer von Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 S. 1 AO).
- Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen haben die Mitglieder, Gesellschafter oder Gemeinschafter die Pflichten i.S.d. Abs. 1 zu erfüllen (§ 34 Abs. 2 S. 1 AO).
Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind juristische Personen sowie Personenvereinigungen oder Vermögensmassen durch die in § 34 AO bezeichneten Personen oder durch besonders Beauftragte (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO).
III. Das gesonderte und einheitliche Feststellungsverfahren ab 1.1.2024 im Einzelnen
Ab 1.1.2024 ergeben sich insb. für rechtsfähig...