Zusammenfassung
Eignungsdiagnostik prüft die Passung zwischen Person und Stelle, um die besten Kandidaten auszuwählen. Mit zunehmendem Fachkräftemangel gewinnt sie an Bedeutung. Zwei Hauptfehler können dabei auftreten: Die Einstellung ungeeigneter Kandidaten (Fehler erster Art) und die Ablehnung geeigneter Kandidaten (Fehler zweiter Art). Eignungsdiagnostik erfordert wissenschaftlich fundierte Methoden wie strukturierte Interviews, psychologische Tests und Simulationsübungen. Die professionelle Analyse der Anforderungen an die jeweilige Stelle ist der Schlüssel zur geeigneten Auswahl aus diesen Verfahren. Die DIN 33430 bietet Qualitätsstandards für solche Verfahren, betont Validität, Reliabilität, Objektivität und Wirtschaftlichkeit.
Der Umgang mit sensiblen Daten erfordert hohe Sorgfalt. Datenschutzgesetze wie die DSGVO müssen eingehalten und Datensparsamkeit praktiziert werden. Zudem muss das Verfahren diskriminierungsfrei gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausgestaltet sein.
Zukünftig wird die Eignungsdiagnostik fluide Anforderungen, soziale Kompetenzen und Lernbereitschaft stärker betonen. KI-gestützte Systeme könnten repetitive Aufgaben übernehmen, müssen jedoch vertrauenswürdig und vorurteilsfrei agieren. Insgesamt bleibt die zielgerichtete Auswahl von Kandidaten eine komplexe, aber entscheidende Aufgabe im HR-Management.
1 Grundlagen der Eignungsdiagnostik
1.1 Begriff
Eignungsdiagnostik ist die Disziplin im HR-Management, um die Passung zwischen Person und Stelle (oder Tätigkeit) zu überprüfen. Eingesetzt wird Eignungsdiagnostik immer dann, wenn das Unternehmen eine Stelle neu besetzen möchte und hierfür passende Personen sucht.
Eignungsdiagnostik wird vor allem bei der Einstellung von Personen für offene Stellen angewendet, aber auch zur Entscheidung über Maßnahmen zur Personalentwicklung oder zur Auswahl von Personen für Nachwuchsförderungsprogrammen.
1.2 Bedeutung
Die Disziplin gewinnt umso stärker an Bedeutung, je weniger Menschen sich für offene Stellen bewerben. In Zeiten eines Arbeitgebermarkts war das Thema noch wenig diskutiert, die meisten Personaler hatten ihre persönlichen Methoden zur Auswahl. Die waren mal mehr, mal weniger systematisch, manchmal auch mit esoterischem Hintergrund.
Warum aber ist die Frage der Eignung wichtiger, wenn es weniger Bewerber gibt? Man könnte meinen (und viele Führungskräfte vertreten diese Ansicht), dass keine Auswahlmethoden benötigt werden, wenn man froh sein muss, überhaupt Bewerber zu finden.
Zur Veranschaulichung ein rein hypothetisches Szenario: Arbeitsplätze sind knapp, viele Bewerber brauchen viele Versuche, bis sie eine Stelle finden. In der Stellenanzeige wurde ein Minimum an Qualifikationen gefordert (Schulabschluss, Berufsausbildung, Berufserfahrung). Viele Bewerber erfüllen diese Anforderungen. Von 10 Bewerbern soll eine Person blind ausgewählt werden. Das eignungsdiagnostische Instrument ist also ein Würfel. Die Wahrscheinlichkeit eines Fehlgriffs ist dabei gering, denn von 10 wahrscheinlich geeigneten Personen wird eine ausgewählt.
Nun eine andere Situation: Es gibt kaum Bewerber, die Eingangsvoraussetzungen für die Stellenanzeigen werden heruntergefahren, damit überhaupt noch Bewerbungen eingehen. Wieder soll eine von 10 Personen blind ausgewählt werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Fehlgriffs ist deutlich höher, denn von 10 Personen mit geringerer Eignung wird eine ausgewählt.
Einfach ausgedrückt: Gibt es viele geeignete Bewerber, kann gewürfelt werden. Muss aus einer Gruppe von weniger geeigneten Bewerbern eine geeignete Person gefunden werden, dann sind Methoden notwendig, um die Eignung festzustellen.
Fehler erster und zweiter Art
Es gibt zwei Arten von Fehlern in einer Einstellungsentscheidung. Der Fehler erster Art dürfte im Vergleich zum Fehler zweiter Art den meisten bekannt sein. Um ihn zu vermeiden, wird viel Energie aufgewendet. Den Fehler zweiter Art haben dagegen nur wenige auf dem Schirm. Wie kommen die beiden Fehler zustande?
Die Einstellungsentscheidung ist eine Prognose. Es wird prognostiziert, dass eine Person in Zukunft im Unternehmen erfolgreich arbeiten wird. Aus dem Grund wird sie eingestellt. Alternativ wird prognostiziert, dass die Person für die Stelle ungeeignet ist, sodass sie nicht eingestellt wird.
Nach der Einstellung kann festgestellt werden, ob die Prognose zutreffend war:
- Fall 1: Es wurde prognostiziert, dass die Person erfolgreich arbeitet – und das tut sie auch.
- Fall 2: Es wurde prognostiziert, dass die Person erfolgreich arbeitet, welche sich im Nachhinein jedoch als ungeeignet erweist.
Fall 2 ist der Fehler erster Art. Personalverantwortliche fürchten ihn, denn dieser Fehler untergräbt das Vertrauen der Führungskräfte in ihre Entscheidungsfähigkeit.
Doch was passiert, wenn eine Person als ungeeignet angesehen und nicht eingestellt wird? Auch dann kann die Prognose richtig oder falsch sein.
- Fall 3: Es wurde entschieden, dass eine Person ungeeignet ist und sie ist tatsächlich nicht geeignet.
- Fall 4: Es wurde entschieden, dass die Person ungeeignet ist, in Wirklichkeit wäre sie...