Dieser Anspruch war in der Folge Gegenstand diverser Urteile der FG und des BFH.
a) Einzelne FG
Nach Ansicht mancher FG kein Anspruch im dt. Recht: Bisweilen gab es hierbei überraschende Urteile. So etwa als einzelne Gerichte entschieden, es finde sich im nationalen Recht keine Rechtsgrundlage für einen solchen Erstattungsanspruch, so dass er – zumindest für Inlandssachverhalte – abzulehnen sei.
Unionsrechtlicher Anspruch: Die Gerichte übersahen dabei allerdings, dass der Anspruch als solcher sich unmittelbar aus dem Unionsrecht ergibt. Die Mitgliedstaaten sind zwar im Grunde genommen verpflichtet, entsprechende Regelungen im nationalen Recht vorzusehen (Umsetzung). Tun sie das nicht, heißt das aber nicht, dass der Anspruch nicht besteht. Die Steuerpflichtigen können sich vielmehr zu ihren Gunsten unmittelbar auf das Unionsrecht berufen.
Widerspruch zur innerstaatlichen Rechtsordnung: Wenn außerdem auch darauf hingewiesen wurde, Reemtsma-Ansprüche stünden in Widerspruch zur innerstaatlichen Rechtsordnung, machte dies lediglich die Fragen deutlich, die sich daraus ergeben, dass der Gesetzgeber seit 15 Jahren nicht tätig geworden ist. Unter anderem gerade deswegen muss die Finanzverwaltung (der Gesetzgeber) die Ansprüche gesetzlich regeln – und zwar so, dass sie mit der innerstaatlichen Rechtsordnung kompatibel sind. Eine eventuelle Inkompatibilität wäre nicht die Schuld des Reemtsma-Anspruchs, sondern der mangelnden Umsetzung im nationalen Recht und des Abgleichs mit anderen Vorschriften (z.B. mit dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung). Bei einer Umsetzung im nationalen Recht wäre allerdings zu beachten, dass die nationalen Vorschriften nicht einen unionsrechtlich begründeten (Reemtsma-)Anspruch einschränken können.
b) BFH (VII. Senat)
Kein Reemtsma-Anspruch, wenn Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren: Der VII. Senat des BFH fügte den vorgenannten Urteilen noch eine Variante hinzu. Er bejahte zwar den Reemtsma-Anspruch auch für Inlandssachverhalte, ging aber davon aus, dass er – zumindest in den entschiedenen Fällen (die Leistenden waren insolvent) – nicht bestehe, weil die zutreffende Belastung der Steuerpflichtigen mit Mehrwertsteuer über andere Regelungen des Verfahrensrechts hergestellt werden könne. Ihm zufolge konnten die Leistungsempfänger die streitigen Beträge, soweit sie sie wegen der Insolvenz der Leistenden nicht von diesen zurückfordern konnten, im Billigkeitsweg gem. §§ 163, 227 AO als Vorsteuern geltend machen. Dies sah er als hinreichende Möglichkeit für die Leistungsempfänger an, den wegen des Insolvenzverfahrens nicht wiederzuerlangenden Teil der gegen den Rechnungsaussteller gerichteten zivilrechtlichen Forderung (aus wirtschaftlicher Sicht) zu realisieren.
Im Einzelfall möglicherweise vorteilhaft: Diese Schlussfolgerung des VII. Senats gilt natürlich ohnehin nur dann, wenn der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Wenn nicht, läuft sie per se leer. In den entschiedenen Fällen mag sie hingegen vielleicht ihre Berechtigung haben. Sie könnte aus der Sicht des insolventen Leistenden (Insolvenzverwalters) sogar vorteilhaft sein, wenn dieser später die Steuerschuld nach § 14c UStG korrigieren und damit einen Erstattungsanspruch der Masse generieren könnte. Zu beachten wäre allerdings, dass ein solcher Anspruch, zumindest in den Fällen des § 14c Abs. 2 UStG, voraussetzen würde, dass die Gefährdung des Steueraufkommens gem. § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG als (endgültig) be...