Der Gesetzgeber ist mehr denn je aufgerufen, sich der (verfahrensrechtlichen) Regelungen anzunehmen, die erforderlich sind, um das Reemtsma-Verfahren im nationalen Recht zu implementieren.
Das sollte auch – bei Beachtung der mehrwertsteuerlichen Prinzipien – keine unlösbare Aufgabe sein. Dafür müssten allerdings zunächst das Steuerkorrekturverfahren gem. § 14c UStG unionsrechtskonform gestaltet und im Weiteren das Reemtsma-Verfahren in mehr als einem BMF-Schreiben gewürdigt werden. Außerdem müssten – soweit das dann überhaupt noch erforderlich wäre – Regelungen eingefügt werden, die die Geltendmachung einer Steuerberichtigung oder eines Reemtsma-Anspruchs (oder auch von anderen Erstattungen) jeweils davon abhängig machen, dass die Erstattung nicht bereits an einen anderen Beteiligten erfolgt ist. Bei den Neuregelungen wäre auch an die Fälle zu denken, dass der Leistende die Steuer gar nicht gesondert auf einer Rechnung ausgewiesen hat, dass der Leistungsempfänger keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat etc. Auf Einzelheiten kann an dieser Stelle aus Platzgründen nicht weiter eingegangen werden.
Es ist klar, dass der Abgleich der Verfahren im Einzelfall sehr aufwendig sein kann (das weiß jeder, der schon einmal eine Steuerberichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG durchgeführt hat, die einen entsprechenden Abgleich der Belastung der Beteiligten erfordert). Das ist allerdings eine allgemeine Herausforderung, die das Mehrwertsteuerrecht an die Finanzbehörden stellt. Die Herstellung einer korrespondierenden Veranlagung von Leistenden und Leistungsempfängern ist eine sehr komplexe Angelegenheit, für die es einer kreativen Finanzverwaltung bedarf, die in der Lage ist, sich nicht nur der mehrwertsteuerlichen Fragen anzunehmen, sondern auch gesetzgeberische Lösungen im verfahrens- und zivilrechtlichen Bereich anzustoßen.
Entsprechende gesetzliche Regelungen würden aber sicherlich schon erheblich vereinfacht, wenn die Verzinsung von Mehrwertsteuerverbindlichkeiten und -forderungen für die Fälle abgeschafft würde, in denen den Steuerpflichtigen und dem Fiskus keine Liquiditätsvor- oder -nachteile entstanden sind (wie es sich u.E. ohnehin aus dem Unionsrecht ergibt). Das Streitpotential würde sich um ein Vielfaches verringern und dem Fiskus entgingen – insbesondere unter Berücksichtigung der jetzt geltenden Zinssätze – wohl kaum Einnahmen.
Jedenfalls sollte der Gesetzgeber tätig werden und nicht weiterhin vor den Anforderungen, die sich aus der EuGH-Rechtsprechung ergeben, die Augen verschließen.