Hintergrund: Die i.R.d. Zinsschrankenregelung in § 4h EStG vorgesehenen Änderungen dienen insbesondere dazu, die Regelung an die Vorgaben der sog. ATAD-Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.7.2016 anzupassen.
Freibetrag als einziger Grund für die Nichtanwendung der Zinsschranke: Derzeit kommt die Zinsschranke nur zur Anwendung, wenn die die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen (Nettozinsaufwand) mind. 3 Mio. EUR betragen. Diese bislang über eine uneingeschränkte Nichtanwendung oder Anwendung der Zinsschranke entscheidende Freigrenze soll zukünftig durch einen Freibetrag i.H.v. 3 Mio. EUR ersetzt werden. Die Abzugsbeschränkung soll danach stets nur für den, den Betrag von 3 Mio. EUR übersteigenden Nettozinsaufwand gelten. Beachten Sie: Der Freibetrag soll dabei nicht für den Zinsaufwand zur Anwendung kommen, der auf einem Zinsvortrag aus dem Vorjahr beruht.
Anti-Fragmentierungsregelung: Während der Freibetrag grundsätzlich für jeden Betrieb i.S.d. Zinsschranke gesondert beansprucht werden kann, soll er gleichartigen Betrieben, die unter einer einheitlichen Leitung oder beherrschendem Einfluss durch eine Person oder Personengruppe stehen, nur gemeinsam zustehen. Diese gelten nur für die Anwendung des Freibetrags als ein Betrieb; von einem Freibetrag profitieren sie anteilig entsprechend ihrem Anteil an den Nettozinsaufwendungen. Beachten Sie: Für die Frage, ob Betriebe gleichartig sind, soll auf § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 KStG zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (BgA) abgestellt werden.
Weitere Streichungen: Da neben der Freigrenze auch die weiteren Ausschlussgründe des § 4h Abs. 2 EStG (fehlende oder nur anteilmäßige Konzernzugehörigkeit; Konzernzugehörigkeit, aber Eigenkapital-Escape) gestrichen werden sollen, kommt es zu einer vollständigen Nichtanwendung der Zinsschranke künftig nur noch bei einem Nichtüberschreiten des Freibetrags.
Änderungen des Zinsbegriffs: Entsprechend den Vorgaben aus Art. 2 Abs. 1 der ATAD-Richtlinie wird der Begriff der von der Norm erfassten Zinsaufwendungen (bisher nur: Vergütungen für Fremdkapital) um "wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital i.S.d. Richtlinie"erweitert. Gleichermaßen soll der Begriff der Zinserträge durch Einbezug von "wirtschaftlich gleichwertigen Erträgen im Zusammenhang mit Kapitalforderungen" erweitert werden. Dieser Ausweitung stehen auch Einschränkungen des Zinsbegriffs gegenüber: so
- sollen zum einen die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten und Kapitalforderungen künftig nicht mehr zu Zinsaufwendungen und -erträgen i.S.d. Zinsschranke führen.
- Zum anderen soll eine Ausnahme von der Anwendung der Zinsschranke für Zinsaufwendungen oder Zinserträge aus bestimmten Darlehen gelten, die zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte verwendet und auf Grund von allgemeinen Förderbedingungen aus öffentlichen Mitteln vergeben werden.
EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag: Nach derzeitiger Rechtslage entsteht der sog. EBITDA-Vortrag nicht für Wirtschaftsjahre, in denen die Zinsschranke im Ganzen nicht zur Anwendung kommt, z.B. wegen der Freigrenze oder fehlender Konzernzugehörigkeit. Künftig soll dies auch für Wirtschaftsjahre gelten, in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge nicht übersteigen.
Ferner sollen die Anlässe für den Untergang eines EBITDA-Vortrags oder eines Zinsvortrags ergänzt werden. Bisher ist ein Untergang im Falle einer Betriebsaufgabe oder-übertragung vorgesehen. Die Finanzverwaltung vertritt im Anwendungsschreiben zur Zinsschranke die Auffassung, dass es auch bei einer Teilbetriebsaufgabe oder -übertragung zu einem partiellen Untergang des Zinsvortrags und des EBITDA-Vortrags kommt (BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 Tz. 47 = EStB 2008, 277 [Meurer]). Zukünftig soll dies auch im Gesetzeswortlaut festgeschrieben werden. Als Teilbetriebsaufgabe in diesem Sinne soll gemäß der Gesetzesbegründung – wie bereits bisher von der Finanzverwaltung vertreten – auch das Ausscheiden einer Organgesellschaft aus dem Organkreis gelten.
Änderungen in § 8a KStG: Künftig sollen bei allen Körperschaftsteuerpflichtigen sämtliche Einkünfte für Zwecke der Zinsschranke als in einem Betrieb erzielt gelten. Bisher ist dies nur für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften der Fall. Zukünftig sollen auch beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG für Zwecke der Zinsschranke nur noch einen Betrieb unterhalten können.
Des Weiteren werden infolge der Abschaffung der Ausschlussgründe "fehlende Konzernzugehörigkeit" und "Equity-Escape" die diese flankierenden Regelungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung für Körperschaften gestrichen.
Anwendung: Die geänderten Regelungen sollen ab dem VZ 2024 zur Anwendung kommen.