Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Eine Zweigstelle des Arbeitgebers ist auch dann als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, wenn der Arbeitnehmer dort nur befristet für ein Jahr tätig werden soll. Das Saarländische FG gewährte dem Arbeitnehmer mit dieser Begründung nur die (ungünstige) Entfernungspauschale.
Sachverhalt
Ein verheirateter Ingenieur wurde an eine Zweigstelle seines Arbeitgebers abgeordnet, in dessen Nähe er sich einen Zweitwohnsitz errichtete. Der Arbeitseinsatz wurde im Vorhinein stets auf ein Jahr befristet, dauerte de facto aber bereits mehrere Jahre an. In seiner Einkommensteuererklärung 2007 machte der Ingenieur die Kosten für die Fahrten zur Zweigstelle mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer geltend. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass die befristet aufgesuchte Zweigstelle als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen war und daher nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer in Betracht kam.
Entscheidung
Das FG entschied, dass das Finanzamt zu Recht nur die Entfernungspauschale gewährt hatte, da die aufgesuchte Zweigstelle als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen war.
Nach der BFH-Rechtsprechung ist die regelmäßige Arbeitsstätte der Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine geschuldete Leistung erbringen muss. Dies ist im Regelfall der Betrieb bzw. die Betriebsstätte des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht und der er zugeordnet ist. Nur bei einem solchen Arbeitsmittelpunkt ist es nach der BFH-Rechtsprechung gerechtfertigt, den Werbungskostenabzug durch die ungünstige Entfernungspauschale zu "deckeln". Denn in diesen Fällen kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege zur Arbeit einstellen und seine Fahrtkosten gering halten (z. B. indem er Fahrgemeinschaften bildet oder eine Zweitwohnung bezieht).
Die befristet aufgesuchte Zweigstelle im Urteilsfall ist nach diesen Maßstäben als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, da der Ingenieur dort für eine gewisse Dauer seine Arbeit verrichten sollte. Dass er sich auf die immer gleichen Wege zur Arbeit einstellen konnte, zeigt sich darin, dass er sich am Arbeitsort eine Zweitwohnung eingerichtet hatte. Die jährliche Befristung des Arbeitseinsatzes änderte nach Auffassung des FG nichts an dem Charakter der Zweigstelle als eine feste Arbeitsstätte.
Hinweis
In demselben Urteil musste sich das FG auch noch mit der Frage befassen, ob das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid der Eheleute wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO ändern durfte. Im ursprünglichen Bescheid hatte das Finanzamt die Einkünfte aus dem erklärten Mietobjekt zunächst nur mit dem Anteil der Ehefrau angesetzt, den erklärten Anteil des Ehemanns auf der Anlage V jedoch nicht übernommen. Erst im Klageverfahren hatte das Amt seinen Fehler bemerkt und die Einkünfte des Mannes nachträglich angesetzt. Das FG entschied, dass diese Änderung aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit zulässig war, da eindeutig ein Eingabefehler des Amtes vorgelegen hatte.
Link zur Entscheidung
FG des Saarlandes, Urteil vom 25.01.2012, 2 K 1026/10