Leitsatz
Die durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 beschlossene Absenkung des für die ESt maßgeblichen Eingangssteuersatzes gibt keine Veranlassung, bei Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Einkünften gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO im Jahr 2001 und 2002 den bislang angewandten Regelsatz von 25 % des streitigen Gewinns oder Verlusts für die Streitwertfeststellung zu ändern.
Normenkette
§ 47 Abs. 3, § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG n.F.
Sachverhalt
Die AStin, eine GmbH & Co. KG, erklärte für den VZ 2001 gewerbliche Verluste von 106.006 DM und für den VZ 2002 von 55.276 €. Das FA anerkannte die darin enthaltene Ansparrücklage nach § 7g EStG von 97.792 DM für 2001 und von 47.500 € für 2002 nicht an.
Der BFH verwarf die gegen das klageabweisende Urteil des FG eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig. Daraufhin beantragte die AStin für das Beschwerdeverfahren den Streitwert festzusetzen
Entscheidung
Der Streitwert im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht gem. § 47 Abs. 3 GKG im Regelfall dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens. Bei der objektiven Klagenhäufung sind die Streitwerte der verschiedenen Klagebegehren – hier mit einem Betrag von 54.200 € – zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG,BFH, Beschluss vom 26.11.2002, IV E 2/02, BFH/NV 2003, 338).
Unverändert bleibe allerdings auch für die Streitjahre der Regelpauschsatz von 25 % anwendbar. Zwar seien die Eingangssteuersätze für die VZe 2000 bis 2005 von 22,9 % auf 15 % abgesenkt und die Grundfreibeträge schrittweise angehoben worden. Indes rechtfertige diese Tarifentwicklung nicht, den Regelsatz für die Bemessung des Streitwerts von 25 auf 20 % zu vermindern. Der Pauschsatz beruhe nämlich auf einer typisierenden Annahme, wonach die Gesellschafter auch noch andere nach dem EStG steuerbare Einkünfte erzielten. Zum anderen sei der Betrag des zu versteuernden Einkommens, ab dem der nach der Grundtabelle der Grenzsteuersatz von 25 % (und mehr) betrage, erst wieder für den VZ 2005 ausgeglichen worden (vgl. die genaue Darstellung in der Entscheidung).
Im Übrigen ergeht die Entscheidung kostenfrei, da das GKG für Streitwertfestsetzungen keine Gerichtsgebühren vorsieht.
Hinweis
1. Nach einer Jahrzehnte alten Rechtsprechung des BFH ist der Streitwert in Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Gewinn- oder Verlustfeststellungen im Regelfall pauschal mit 25 % bis maximal 50 % des streitigen Gewinns oder Verlusts (vgl. BFH, Beschluss vom 23.2.1978, IV E 1/78, BStBl II 1978, 409, m.w.N.) bzw. des Gewinn- oder Verlustanteils eines Gesellschafters (BFH, Beschluss vom 21.9.1994, VIII E 1/94, BFH/NV 1995, 254) anzusetzen.
2. Es erfolgt grundsätzlich keine Ermittlung der konkreten steuerlichen Auswirkungen (BFH, Beschluss vom 23.2.1978, IV E 2/78, BStBl II 1978, 435; a.A. aber z.B. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.4.1994, 1 Ko 6/92, EFG 1994, 981, rkr.), und zwar auch nicht etwaiger Folgewirkungen auf die Besteuerung desselben Steuerpflichtigen, bei einer anderen Steuerart oder anderen Feststellungszeiträumen.
3. Selbst wenn die konkreten steuerlichen Auswirkungen bekannt sind, unterbleibt eine genaue Ermittlung, um Ungleichbehandlungen gegenüber anderen Steuerpflichtigen zu vermeiden (BFH, Beschluss vom 27.5.2002, XI E 2/02, BFH/NV 2002, 1323).
4. Ausnahmsweise kann von dem Pauschsatz nach oben oder unten abgewichen werden, wenn bereits im Verfahren betreffend die einheitliche Gewinnfeststellung ohne Weiteres erkennbar ist, dass der Regelsatz den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die ESt der betroffenen Gesellschafter nicht gerecht wird. Bei einem festgestellten oder erstrebten Gewinnanteil von mehr als 15.000 DM hat die Rechtsprechung den Pauschsatz angemessen erhöht (vgl. BFH, Beschluss. in BFH/NV 2006, 315) bei sehr hohen Beträgen ab 120.000 DM bis zu 50 % (BFH, Beschluss vom 23.3.2000, IV E 1/00, BFH/NV 2000, 1218; BFH, Beschluss vom 12.1.1994, IV E 2 – 3/93, BFH/NV 1994, 817 bzgl. eines Gewinnanteils eines Gesellschafters von über 1 Mio. DM), insbesondere bei Abschreibungs- und Verlustzuweisungsgesellschaften (BFH, Beschluss vom 22.1.2001, IV S 10/00, BFH/NV 2001, 806).
5. Nachdem sich die Eingangssteuersätze und die Höchststeuersätze allerdings wiederholt geändert haben, ist im Schrifttum gefordert worden, auch die Pauschsätze entsprechend anzupassen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO und FGO, 16. Aufl., Vor § 135 FGO Tz. 1999; Eberl, DStR 2000, 1639). Dieser Kritik hat der BFH unter ausführlicher Darstellung der Entwicklung der Eingangs- und der Grenzsteuersätze für den Regelpauschsatz in Abstimmung mit den einschlägig betroffenen anderen Fachsenaten des BFH nicht entsprochen. Der BFH hat aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass den ab 2001 abgesenkten Höchststeuersätzen durch Absenkung der Obergrenzen des Pauschsatzes entsprechend Rechnung zu tragen ist.
6. Im Finanzgerichtsverfahren setzt das Prozessgericht nach § 63 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 GKG n.F. den Wert des Streitgege...