OFD Hannover, Verfügung v. 19.2.2004, S 2706 - 165 - StO 214/S 2706 - 209 - StH 231
Bezug: Vfg. vom 4.8.1999, S 2706 – 165 – StO 214/S 2706 – 209 – StH 231
Der Bundesrechnungshof hat festgestellt, dass die Finanzämter bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und diesen nahe stehenden Einrichtungen die Erfassung und Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art und von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nicht hinreichend prüfen. Es wird gebeten, künftig verstärkt hierauf zu achten und es wird insoweit auf das bei den Körperschaftsteuer-Fachtagungen 1998 überreichte Arbeitspapier hingewiesen. Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist dabei Folgendes zu beachten:
Fortbildungs- und Tagungsstätten
Die Einrichtungen sind dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen, soweit sie nach dem kirchlichen Selbstverständnis dazu dienen, den Verkündigungsauftrag der Kirche wahrzunehmen. Dies ist insbesondere bei kirchlichen Angeboten an Christen und religiös Interessierte zu bejahen, z.B. Besinnungstage, Exerzitien, Seminare, Schulungen oder sonstige Veranstaltungen zu relevanten gesellschaftsrechtlichen Themen, in deren pluralistische Diskussion auch die Kirche ihren Standpunkt einbringen will. Entscheidend ist der spezifische kirchliche Charakter der Veranstaltung. Dabei ist dem kirchlichen Selbstverständnis eine weit reichende Bedeutung beizumessen. Die Grenze zur Steuerpflicht wird überschritten, wenn die Angebote und Leistungen ihren spezifischen kirchlichen Charakter verlieren und die Kirche den Bereich der steuerfreien Vermögensverwaltung verlässt sowie in Wettbewerb mit privaten Wirtschaftsunternehmen tritt. In Zweifelsfällen ist bei den kirchlichen Behörden zu klären, nach welchen Maßgaben der Umfang des kirchlichen Verkündigungsauftrages einzugrenzen ist. Dabei ist insbesondere der Wettbewerb zu Wirtschaftsunternehmen zu beachten. Diese Überprüfung durch die Finanzverwaltung ist – wenn auch im Hinblick auf das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht der Kirchen eingeschränkt – zulässig, insbesondere wenn Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Handhabung vorliegen.
Zentrale Gehalts- und Abrechnungsstellen sowie Buchführungstätigkeiten
Bei Leistungen an Kirchen oder andere juristische Personen des öffentlichen Rechts ist für die körperschaftsteuerrechtliche Beurteilung der Charakter der Tätigkeit bei der auftraggebenden Person des öffentlichen Rechts entscheidend. Soweit die ausgelagerte Tätigkeit beim Auftraggeber selbst als hoheitliche Tätigkeit oder als körperschaftsteuerrechtlich unbeachtliche Hilfstätigkeit zu behandeln wäre, liegt kein Betrieb gewerblicher Art vor.
Kindergärten, Kinderhorte und Kindertagesstätten
Diese Einrichtungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften begründen keine Betriebe gewerblicher Art. Bei ihnen steht regelmäßig eine pastorale Aufgabenwahrnehmung im Vordergrund, die private Unternehmen nicht in gleicher Weise erfüllen können.
Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Mahlzeitendienste und Sozialstationen
Diese Tätigkeiten begründen regelmäßig keine Betriebe gewerblicher Art. Sie sind grundsätzlich Gegenstand des kirchlichen Verkündigungsauftrages und Ausdruck der tätigen Nächstenliebe.
Andere Tätigkeiten
Auch andere als die vorgenannten Tätigkeiten können in den Hoheitsbereich einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft fallen, wenn sie Gegenstand des kirchlichen Verkündigungsauftrages oder Ausdruck tätiger Nächstenliebe sind. Dagegen stehen bestimmte andere Tätigkeiten (z.B. Basare, Kantinenbetriebe, Personal-Verpflegung, Schrottverkauf, Cafeterien, Kioske, Krankenhauswäschereien, Kegelbahnen, Reiseveranstaltungen, Altkleiderverwertung, Erholungs- und Ferienheime, Krankenhausapotheken) in keinem besonderen Verhältnis zum kirchlichen Verkündigungsauftrag. Es handelt sich insoweit nicht um Hoheitsbetriebe.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6
KStG § 4