Ungarn hinsichtlich der Kleinunternehmerregelung: Art. 287 Nr. 12 MwStSystRL erlaubt Ungarn, Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 35.000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine MwSt-Befreiung (= Kleinunternehmerregelung) zu gewähren. Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/73 (ABl. EU Nr. L 12/2022, 148) wurde Ungarn bereits ermächtigt, eine davon abweichende Sondermaßnahme bis zum 31.12.2024 weiter anzuwenden, und somit Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 48.000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Nunmehr hat der Rat am 22.5.2023 durch den Durchführungsbeschluss 2023/1025 zur Ermächtigung Ungarns, eine von Art. 287 MwStSystRL abweichende Sondermaßnahme anzuwenden, und zur Aufhebung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2018/1490 Ungarn ermächtigt (ABl. EU Nr. L 137/2023, 26), abweichend von Art. 287 Nr. 12 MwStSystRL Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 71.500 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, von der Mehrwertsteuer zu befreien (= Kleinunternehmerregelung). Gleichzeitig wird der bisher geltende Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1490 aufgehoben. Der neue Beschluss wird am Tag seiner Bekanntgabe (= 25.5.2023) wirksam und gilt bis zum 31.12.2024. Damit kann Ungarn die bisherige nationale Regelung unter Anhebung der Umsatzgrenze fortführen.
Deutschland hinsichtlich der verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung: Der Rat hat am 25.7.2023 durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2023/1551 zur Ermächtigung Deutschlands, eine von den Art. 218 und 232 MwStSystRL abweichende Sondermaßnahme einzuführen Deutschland ermächtigt (ABl. EU Nr. L 188/2023, 42)
- abweichend von Art. 218 MwStSystRL Rechnungen, die von im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen in Form von Dokumenten oder Mitteilungen ausgestellt wurden, nur dann zu akzeptieren, wenn diese elektronisch übermittelt werden und
- abweichend von Art. 232 MwStSystRL eine Bestimmung zu erlassen, wonach die Verwendung elektronischer Rechnungen, die von im Hoheitsgebiet Deutschlands ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellt wurden, nicht der Zustimmung des im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Rechnungsempfängers bedarf.
Deutschland hat der Kommission die nationalen Maßnahmen zur Durchführung dieser Sondermaßnahme mitzuteilen.
Dieser Beschluss wird am Tag seiner Bekanntgabe (= 27.7.2023) wirksam und gilt ab dem 1.1.2025 bis zum früheren der beiden folgenden Zeitpunkte:
- 31.12.2027 oder
- der Zeitpunkt, ab dem die Mitgliedstaaten nationale Vorschriften anwenden müssen, zu deren Erlass sie verpflichtet sind, wenn eine Richtlinie zur Änderung der MwSt-Systemrichtlinie in Bezug auf die MwSt-Vorschriften für das digitale Zeitalter, insbesondere der Art. 218 und 232 MwStSystRL, angenommen wird (UStB 2023, 164).
Sollte Deutschland die Verlängerung der gewährten Sondermaßnahme für erforderlich halten, ist der Kommission zusammen mit einem Antrag auf Verlängerung ein Bericht vorzulegen, in dem die Wirksamkeit der auf dieser Grundlage eingeführten nationalen Maßnahmen bei der Bekämpfung von MwSt-Betrug und -Hinterziehung sowie bei der Vereinfachung der Steuererhebung zu bewerten ist. In diesem Bericht ist auch zu evaluieren, wie sich diese Maßnahmen auf die Steuerpflichtigen auswirken und ob sie insbesondere zu einer Zunahme ihrer Verwaltungslasten und -kosten führen.
Beraterhinweis Die national geplante Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung für alle Umsätze, die zwischen im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt werden, ist der erste Schritt zur Schaffung eines umsatzbasierten Meldesystems. Dieses Meldesystem soll Vorteile bei der Bekämpfung von MwSt-Betrug und -hinterziehung mit sich bringen. Es soll den Steuerbehörden ermöglichen, MwSt-Betrugsketten früher zu erkennen und auch die zeitnahe und automatische Überprüfung der Kohärenz zwischen angemeldeter und geschuldeter Mehrwertsteuer ermöglichen. Das umsatzbasierte Meldesystem soll eine frühzeitige Erkennung und Überprüfung derartiger Abweichungen ermöglichen. Darüber hinaus soll durch den zeitnahen Zugang zu Rechnungsdaten die Notwendigkeit einer mit mehr Bürokratie verbundenen Anforderung von Rechnungen durch die Steuerbehörden vermieden und die Bekämpfung des MwSt-Betrugs beschleunigt und erleichtert werden. Für die Steuerpflichtigen wird die Einführung der Sondermaßnahme als nicht sehr aufwendig eingeschätzt, da in Deutschland die obligatorische elektronische Rechnungsstellung in vielen Wirtschaftszweigen bereits gängige Praxis und im Bereich des öffentlichen Auftragswesens verpflichtend ist. Darüber hinaus soll die Sondermaßnahme durch die Digitalisierung der Prozesse und die Verringerung des Verwaltungsaufwands Vorteile für die Steuerpflichtigen bringen. Schließlich soll die Verwendung ...