Einmalige Leistung vs. kontinuierliche Leistung: In Beantwortung der ersten Frage des BFH stellte der EuGH die Grundlagen des Leistungszeitpunkts bei "einmaligen Leistungen" und bei "kontinuierlichen Leistungen" dar. Wenig überraschend kam er zu dem Ergebnis, dass Art. 64 MwStSystRL lediglich die Fälle von Leistungen betreffe, in denen Raten für bestimmte Zeiträume gezahlt und die Leistungen auch in diesen Zeiträumen erbracht worden sind. Wird also eine "einmalige Leistung" (z.B. Vermittlungsleistung) erbracht und das Entgelt gestaffelt gezahlt, ist Art. 64 MwStSystRL allein deswegen schon nicht einschlägig, weil keine Leistungen in bestimmten Zeiträumen erbracht werden, für die die Teilentgelte gezahlt werden. Wird hingegen eine "kontinuierliche Leistung" (z.B. längerfristige Vermietung) erbracht und werden Zahlungen für einzelne Zeitabschnitte geleistet (z.B. monatliche Mietzahlungen), ist Art. 64 MwStSystRL einschlägig.
Selbstverständlichkeiten: Diese Ausführungen hätten vor Ergehen des baumgarten-Urteils keine große Überraschung hervorgerufen, weil sie im Prinzip selbstverständlich sind. So selbstverständlich, dass der BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 21.6.2017 den Art. 64 MwStSystRL noch nicht einmal erwähnt hatte. Im Gegenteil hatte der BFH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass V eine "einmalige Leistung" erbracht hatte.
Kein Unterschied zu baumgarten: Im baumgarten-Urteil hingegen hatte der EuGH auch bei einer einmaligen (Vermittlungs-)Leistung den Art. 64 MwStSystRL für anwendbar gehalten, so dass die Feststellungen im neuen Urteil X-Beteiligungsgesellschaft zumindest insofern überraschend sind als sie eine Abkehr vom baumgarten-Urteil darstellen. Die Anmerkung des EuGH, im Fall baumgarten habe eine andere Konstellation vorgelegen, da in diesem – anders als im Fall X-Beteiligungsgesellschaft – Dienstleistungen während bestimmter Zeiträume auf der Grundlage vertraglicher Beziehungen erbracht worden seien, die Dauerschuldverhältnisse begründet hätten, ist nicht nachvollziehbar. In beiden Fällen ging es um die (einmalige) Herbeiführung eines Vermittlungserfolgs, für die das Entgelt nachlaufend gestaffelt zu zahlen war.
Keine Verlagerung der Steuerentstehung durch Entgeltvereinbarung: Im Ergebnis jedenfalls kann X nach Auffassung des EuGH die Entstehung der Steuer bereits im Jahr 2012 auf alle (später noch) zu zahlenden Raten nicht durch die Vereinbarung von Raten verhindern. Der EuGH weist darauf hin, ansonsten könnten Steuerpflichtige den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld und der Fälligkeit der Mehrwertsteuer selbst bestimmen. Das ist richtig – und genau das waren ja auch die Fragen, die aufgrund der Ausführungen in der baumgarten-Entscheidung diskutiert wurden.