Beteiligung des BMF am Revisionsverfahren: Im Falle des Beitritts wird das BMF etwas auskunftsfreudiger sein müssen. Das gebietet nicht nur der Respekt vor dem Steuerbürger (i.S.v. Souverän) und dem BFH – dieser sieht trotz der Antworten auf die kleine Anfrage weiteren Klärungsbedarf –, sondern auch das Rechtsstaatsprinzip. Rechtsstaatlichkeit erfordert Transparenz. Das ist kein Juristen-Geheimnis. So steht es nämlich auch in einem Beitrag der Bundeszentrale für politische Bildung mit der Überschrift „Das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Till Patrik Holterhus, Informationen zur politischen Bildung Nr. 351/2022 v. 2.8.2022).
Die mit der Beitrittsaufforderung verbundenen Fragen des X. Senats des BFH haben es in sich. Im Einzelnen:
Rz. 30: „Unklar erscheint insbesondere,
- welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Ermittlung der Richtsätze der jeweiligen Gewerbeklasse einfließen, wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden;
- ob die regional zum Teil erheblich unterschiedliche Höhe fixer Betriebskosten (insbesondere Raum- und Personalkosten) der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegensteht;
- weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei sog. Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen;
- ob ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung finden.”
Rz. 31: "Zudem stellt sich die Frage, wie dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden kann, das Ergebnis einer Schätzung auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung — insbesondere auch im Hinblick auf die spezifischen Daten, die dieser Sammlung zugrunde liegen — nachzuvollziehen und zu überprüfen."
Der Verfasser wagt die Prognose, dass das BMF auf keine der Fragen des X. Senats eine den Senat befriedigende Antworten wird geben können. Regionale Unterschiede stehen bundeseinheitlichen Sätzen sicher entgegen. Ein Gastronomiebetrieb am Tegernsee hat höhere Kosten als ein solcher in der Eifel. Rechtsbehelfsverfahren nehmen oft Jahre in Anspruch. Die Änderung der Bescheide zugunsten des Steuerpflichtigen wird sicher nicht (rückwirkend) in die Richtsatzsammlung eingestellt.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird die Richtsatzsammlung nach der Entscheidung über die Revision durch den X. Senat Geschichte sein.