Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Auch bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen und wechselseitiger Weitergabe der dafür erhaltenen Provisionen wird eine nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare sonstige Leistung erbracht (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27.06.2006, IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657).
2. Die bei ringweiser Vermittlung als Gegenleistung von der Versicherungsgesellschaft vereinnahmte Provision kann nicht um eben den Betrag der Provision als Werbungskosten gemindert werden, wenn der Vermittler diesen Betrag aufgrund einer Vereinbarung der an der ringweisen Vermittlung beteiligten Personen untereinander zwar an den Versicherungsnehmer weiterleiten muss, er umgekehrt aber einen Auskehrungsanspruch gegenüber demjenigen hat, der den Abschluss seiner Versicherung vermittelt (Weiterentwicklung des BFH-Urteils vom 27.06.2006, IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657).
Normenkette
§ 22 Nr. 3, § 9 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 12 Nr. 2 EStG, § 41, § 42 AO
Sachverhalt
Die Geschichte muss gar nicht mehr besonders erzählt zu werden. Es handelte sich um drei Schwestern, aber die verwandtschaftlichen Beziehungen sind nicht fallentscheidend. Sie haben die vereinnahmten Provisionen dem FA gegenüber nicht erklärt, wohl aber die erheblichen Prämien als Sonderausgaben geltend gemacht. Erst bei der Prüfung des Versicherungskonzerns kam man auf den Sachverhalt. Das FA erfasste die Prämie als Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG und das FG verneinte die Einkünfteerzielungsabsicht.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf. Er gab dem FA recht: Die Prämien waren als Einkünfte aus Leistungen zu versteuern.
Hinweis
1. Wenn drei Personen sich zusammentun, um sich gegenseitig Versicherungen zu vermitteln, können sie die Versicherungsprämie, die sonst der Versicherungsvertreter kassiert, selbst vereinnahmen. Das geht so: A vermittelt die Versicherung des B und bekommt dafür eine Prämie von 30 000 Euro, die er aber abredegemäß an B weiterleitet. Er bekommt im Gegenzug von C, der seine Versicherung vermittelt und dafür ebenfalls 30 000 Euro kassiert, diesen Betrag. B vermittelt die Versicherung des C, bekommt dafür 30 000 Euro und leitet diesen Betrag – wir ahnen es schon – an C weiter.
2. Mit den steuerlichen Problemen hatte sich der BFH schon teilweise auseinandergesetzt. So hatte er in seiner im Leitsatz wiedergegebenen Entscheidung zur kreuzweisen Vermittlung ausgeführt, dass der jeweilige Vermittlungsvertrag steuerlich zugrunde zu legen ist; er ist kein Scheingeschäft. Die Vermittlung führt also zu Einkünften aus Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG. Die Leistung liegt in der Vermittlung der Versicherung.
3. In dieser Entscheidung musste der BFH sich mit der delikaten Frage beschäftigen, wie die Weiterleitungszahlung steuerrechtlich zu bewerten sei. Das FG Münster als Vorinstanz hatte darin nämlich abziehbare Werbungskosten gesehen (FG Münster, Urteil vom 16.05.2007, 10 K 1577/05 E, Haufe-Index 1763579, EFG 2007, 1511) und deshalb die Einkünfteerzielungsabsicht verneint (weil 30 000 – 30 000 = 0 sind). Man möchte ausrufen, das könne doch wohl nicht wahr sein. In Wirklichkeit hat doch jeder 30 000 Euro bekommen! In der Tat ist diese Evokation auch nicht nur bloßes Rechtsempfinden, sondern das richtige analytische Ergebnis. Denn indem sie das Geld weiterleiten, verwenden A, B und C ihr Einkommen, das durch die Überweisung des Versicherungskonzerns auf ihr jeweiliges Konto bereits zugeflossen und damit erzielt war. Ein geradezu klassischer Fall der Differenzierung zwischen Einkommensbezug und Einkommensverwendung!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.01.2009, IX R 34/07BFH, Urteil vom 20.01.2009 – IX R 34/07