Liegen gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG Tatsachen vor, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte, so hat der Verpflichtete diesen Sachverhalt unabhängig vom Wert des betroffenen Vermögensgegenstandes oder der Transaktionshöhe unverzüglich der FIU zu melden. Abweichend dazu sind Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 und 12 GwG, also z.B. Rechtsanwälte und Steuerberater, gem. § 43 Abs. 2 GwG und § 6 Abs. 6 S. 3 GwG nicht zur Meldung verpflichtet, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die sie im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten haben.
Sowohl der Begriff der gerichtlichen Vertretung als auch der Begriff der Rechtsberatung ist dabei jeweils in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Der Bereich der gerichtlichen Vertretung erfasst nicht nur den Zeitraum des Verfahrens selbst, sondern auch die Informationserlangung vor und nach einem solchen Verfahren, einschließlich der Beratung über das Betreiben oder Vermeiden eines solchen Verfahrens. Mithin ist unerheblich, ob bereits ein Mandat für die Rechtsberatung oder Prozessvertretung erteilt wurde. Der Bereich der außergerichtlichen Rechtsberatung erfasst u.a. auch den Bereich der Steuerberatung (BT-Drucks. 14/8739). Nicht unter den Begriff der Rechtsberatung fallen einfache kaufmännische Hilfstätigkeiten sowie Tätigkeiten der Buchführung, wodurch nicht mehr die gesamte Tätigkeit von Steuerberatern von der Meldebefreiung erfasst ist (BT-Drucks. 19/13827).
Eine Meldepflicht über die vorgenannten einfachen Beratungstätigkeiten hinaus besteht nur dann, wenn der Berater als Verpflichteter die Gewissheit hat, dass der Steuerpflichtige oder Geldwäschetäter als Mandant das Mandatsverhältnis für den Zweck der Geldwäsche oder einer anderen Straftat genutzt hat oder nutzt. Dabei wird aber die positive Kenntnis des Missbrauchs des Mandatsverhältnisses vorausgesetzt, weshalb weder bei der bloßen Möglichkeit noch bei bestehenden Zweifeln und nicht einmal bei Bestehen eines gewissen Verdachtes der Geldwäsche eine Meldepflicht besteht (vgl. Auslegungs- und Anwendungshinweise 2021 der BaFin zum Geldwäschegesetz). Dennoch ist trotz bestehender Verschwiegenheitspflichten, z.B. nach § 43a Abs. 2 BRAO bzw. § 57 Abs. 1 StBerG oder § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, zumindest § 43 GwG höchstvorsorglich zu prüfen, ob nicht doch eine Meldepflicht besteht, wenngleich diese im Zusammenhang mit steuerlichen Nachmeldungen nach § 153 AO oder § 371 AO und der denkbaren Geldwäscheproblematik nach § 261 StGB n.F. i.d.R. nicht gegeben sein dürfte. Da die Grenze zwischen legalem und illegalem Verhalten des Mandanten aber oft fließend und kaum zu erkennen ist, kann nach dem Wegfall des Vortatenkataloges dennoch im Falle von Steuerhinterziehungen mit Erhalt ungerechtfertigter Steuererstattungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Behörden im Rahmen einer steuerlichen Nachmeldung die Situation anders bewerten.
Beraterhinweis Sollte ausnahmsweise also eine Meldepflicht bestehen, gilt gem. § 43 Abs. 4 GwG der gegenüber der FIU gemeldete Sachverhalt zugleich als Selbstanzeige nach § 261 Abs. 8 StGB n.F. für den Berater, nicht aber für den Mandanten, wenn die dort genannten erforderlichen Angaben in der Meldung enthalten sind; auch das Erfordernis der Freiwilligkeit wird durch die gesetzliche Verpflichtung zur Meldung nicht ausgeschlossen. § 261 Abs. 8 StGB n.F. stellt einen persönlichen Strafausschließungsgrund dar und wirkt zugunsten desjenigen, der eine derartige Anzeige tätigt oder veranlasst. Eine praktische Relevanz der Selbstanzeigewirkung besteht dann, wenn der meldende Berater selbst eine Geldwäschehandlung begangen hat oder sogar an der Vortat der Geldwäsche beteiligt war. Leider muss – entsprechend der Erläuterungen zu Beraterhonoraren – im Blick gehalten werden, dass grundsätzlich jede Beratung zum Erreichen des steuerlichen Optimums, die in objektiver Hinsicht zu einer "Steuerverkürzung" in Form von Steuererstattungen führt, als Geldwäschevortat und ggf. nachfolgende Geldwäsche verfolgt werden könnte. In diesem Zusammenhang ist schließlich darauf hinzuweisen, dass eine geldwäscherechtliche "Selbstanzeige" des Beraters in eigener Sache nicht durch § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB versperrt ist, was im Übrigen auch bei einer Beteiligung an der Vortat einer Steuerhinterziehung hinsichtlich einer Selbstanzeige nach § 371 AO gelten würde. In diesem Zusammenhang sei nochmal an § 261 Abs. 4 StGB n.F. erinnert, der eine erhöhte Strafandrohung von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für Geldwäschetaten vorsieht, wenn der Geldwäschetäter zugleich als geldwäscherechtlich Verpflichteter i.S.d. § 2 GwG gehandelt hat.